Opposition beklagt die Verschwendung von Steuergeldern und neue Schulden. Die Autohändler jubeln: “Volltreffer!“

Berlin. Jetzt ist es amtlich: Das Bundeskabinett hat gestern beschlossen, mit der Abwrackprämie die populärste - aber auch umstrittenste - Maßnahme zur Wiederbelebung der deutschen Konjunktur zu verlängern. Bis spätestens zum Endes des Wahljahres 2009 bietet die Koalition damit insgesamt zwei Millionen Bürgern die Möglichkeit, ihr mindestens neun Jahre altes Auto zu verschrotten und mit der Prämie von 2500 Euro einen Teil ihres Neu- oder Jahreswagens zu finanzieren. Allerdings wurden bereits mehr als 1,2 Millionen Anträge gestellt.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der der Verlängerung zunächst skeptisch gegenüberstand, betonte gestern, dass es definitiv bei der nun beschlossenen Aufstockung von 1,5 auf fünf Milliarden Euro bleibe. Ende des Jahres sei endgültig Schluss, sofern der Topf nicht schon vorher ausgeschöpft sei.

Die Erhöhung der Abwrackprämie um 3,5 Milliarden Euro steigert die Schuldenlast des Bundes um 4,2 Milliarden Euro. Zu den 3,5 Milliarden kommen nach Angaben des Finanzministeriums noch rund 700 Millionen Zinsen hinzu. Diese 4,2 Milliarden stocken das Sondervermögen von 21 auf 25,2 Milliarden Euro auf, das zur Finanzierung des Konjunkturpakets geschaffen wurde. Die Schulden in diesem Schattenhaushalt neben dem ordentlichen Bundesetat sollen vorrangig getilgt werden, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums.

Die Entscheidung der Bundesregierung ist jedoch umstritten. "Die Aufstockung der Abwrackprämie ist volkswirtschaftlicher Unfug. Jeder zusätzliche Euro dafür ist verschwendet", sagte FDP-Vizefraktionschef Rainer Brüderle dem Hamburger Abendblatt. Der Liberale kritisiert, dass ein langfristiger Wachstumseffekt nicht in Sicht ist. "Das ist dem Steuerzahler, der am Ende für die Schulden aufkommen muss, nicht zuzumuten. Die schwarz-rote Koalition betreibt Wahlkampf, indem sie den Bürgern noch tiefer in die Tasche greift."

Weitere Vorwürfe gehen von "Strohfeuer" über "Marktverzerrung" bis zu "mangelhafter Umweltfreundlichkeit" der Prämie. Lob äußerten hingegen die Autohändler. "Jetzt kommt wieder Ruhe und Sicherheit rein", sagte Helmut Blümer, der Sprecher des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe. Kritikern der Subvention entgegnete er: "Was wir erleben, ist die Erneuerung eines uralten Fahrzeugbestandes, und wer Sicherheit und Umweltschutz auf unseren Straßen will, der soll jetzt nicht jammern, sondern soll das begrüßen." Die Abwrackprämie sei ein "mittelstandspolitischer Volltreffer", der Zulieferern und Handel helfe und Arbeitsplätze in Deutschland sichere.

Die Antragsteller müssen sich inzwischen auf lange Wartezeiten bei der Bearbeitung einstellen. Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) bat die Bürger gestern um Geduld. Laut Bafa sind von den 470 000 Anträgen nach dem alten, schriftlichen Verfahren 75 000 entschieden worden. Wie lange die Bearbeitung der elektronisch gestellten Anträge dauere, sei noch unklar. Vom 16. April an werden zunächst Reservierungsbestätigungen verschickt.