An den Vorschlägen für das zweite Konjunkturpaket, auf die sich die Große Koalition bis zum kommenden Montag einigen will, ist heftige Kritik...

Berlin. An den Vorschlägen für das zweite Konjunkturpaket, auf die sich die Große Koalition bis zum kommenden Montag einigen will, ist heftige Kritik entbrannt. Experten warnen vor umfassenden staatlichen Subventionen. In der SPD-Rechten gibt es Zweifel an dem geplanten 100-Milliarden-Euro-Schutzschirm für gefährdete Unternehmen.

Johannes Kahrs, Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, sagte: "Wir haben 500 Milliarden als Schutzschirm für die Banken aufgespannt, das ist viel Geld. Jetzt noch mal 100 Milliarden für den gleichen Zweck zu fordern, damit Unternehmen Kredite bekommen, halte ich für schwierig." Auch der bürokratische Aufwand sei immens. Zugleich warnte er im MDR: "Man kann die Verschuldung nicht ewig nach oben drücken. Ich finde, das ist alles sehr nebulös, was da zurzeit läuft." Der Vorschlag des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) sei "abenteuerlich in der Ausgestaltung", sagte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. Man könne dagegen den bestehenden Bürgschaftsrahmen für Unternehmenskredite ausweiten.

Benjamin Scharnagel vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) kritisiert gegenüber dem Abendblatt die Idee eines weiteren Schutzschirms: "Wenn man jetzt anfängt, flächendeckend Subventionen zu verteilen, hängen irgendwann alle Branchen am Tropf des Staates." Seine Befürchtung: "Das ist ein süßes Gift, von dem die Unternehmen abhängig würden." Zudem habe der bisherige Rettungsschirm nicht funktioniert, weshalb eine Neuauflage des Modells wenig sinnvoll sei. Als "Wundertütenpolitik" kritisierte die FDP entsprechende Vorschläge.

Derzeit versuchten die Parteien, viele Ideen, die sie schon lange verträten, als Konjunkturförderung durchzusetzen, so Scharnagel. Die Idee, den Grundfreibetrag für Einkommenssteuern auf 8000 Euro anzuheben, hält er zwar für sinnvoll, sie habe jedoch nur einen relativ geringen Effekt. Stärker wäre die Wirkung, wenn durch staatliche Zuschüsse der Krankenkassenbeitrag gesenkt werde. Vehement stellt sich der Wissenschaftler gegen eine Ausweitung der Spitzensteuer: "Eine Verschärfung der Spitzensteuer sendet ein negatives Signal aus, ohne einen großen fiskalischen Effekt zu haben." Jene, die viel konsumieren könnten, würden durch die höhere Steuer abgeschreckt. Scharnagel sieht auch bei den geplanten Investitionen in Straßen und Schulen Haken: "Das Vorziehen öffentlicher Investitionen ist sinnvoll - aber in Maßen. Sonst züchten wir uns das nächste Problem heran: Bei zu hoher Baunachfrage steigen die Preise. Weitet die Baubranche dann ihre Kapazitäten aus, hätten wir es nach Auslaufen des Investitions-programms dort wieder mit einem Überhang zu tun."

Gestern Abend debattierten Vertreter der Bundesländer mit Kanzleramtschef Thomas de Maizière über die Aufteilung von 10 Milliarden Euro Investitionen auf die Länder. Am Montag will der Koalitionsausschuss die Details des Konjunkturpakets beschließen, zu dem auch eine Neuordnung der Kfz-Steuer gehören soll.