Nach dem Amoklauf von Winnenden hat sich Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) für die Sperrung von Gewalt-Seiten im Internet...

Hamburg. Nach dem Amoklauf von Winnenden hat sich Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) für die Sperrung von Gewalt-Seiten im Internet ausgesprochen. "Nach einem solchen Massaker erwartet die Öffentlichkeit zu Recht, dass wir Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes und der Sicherheit ergreifen", sagte Schavan dem Hamburger Abendblatt. "Deshalb muss man auch prüfen, wie Gewalt befördernde Elemente im Internet eingedämmt oder blockiert werden können. Solche Vorschläge dürfen nicht einfach mit dem Hinweis auf Freiheit abgewiegelt werden."

Der Vorstoß Schavans orientiert sich an den Plänen von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU), die einen Sperrung kinderpornografischer Seiten im Internet durchsetzen will. Nach den Vorstellungen von der Leyens sollen sich die Provider verpflichten, vom Bundeskriminalamt ermittelte Seiten mit entspechendem Inhalt zu blockieren.

Schavan appellierte im Abendblatt auch an Eltern, nicht tatenlos zuzusehen, wenn sich ihre Kinder "stundenlang am PC mit sogenannten Killerspielen beschäftigen". Außerdem stellte sie sich hinter den Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), "unangemeldete Kontrollen zur Waffenaufbewahrung einzuführen". Sicherheit gehe vor, betonte die Ministerin. "Wer all dies einfach nur ablehnt, erweckt den Eindruck der Hilflosigkeit gegenüber einem berechtigten Schutzanspruch."

Im Bundestag warnten gestern Abgeordnete von Koalition und Opposition vor überstürzten Konsequenzen und forderten mehr gesellschaftliche Verantwortung und Aufmerksamkeit für Jugendliche. Familienministerin von der Leyen sagte, um die Warnsignale vor einem Amoklauf zu erkennen, müsse die Lebenswelt der Jugendlichen besser verstanden werden. "Jede Tat hat ihre Vorboten." Zu dieser Lebenswelt zähle unter anderem das Internet. Die Ministerin sprach sich für einen Online-Notruf - "eine Art '110' im Internet" - aus, wo angekündigte Gewalttaten gemeldet werden könnten.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) beklagte in Stuttgart eine Verrohung und moralische Verwahrlosung. Es sei "nicht nur das unmittelbare Tatgeschehen allein, das uns erschreckt". Da seien auch Reaktionen "in einschlägigen Internetchats, die ein erschreckendes Maß an Verrohung und moralischer Verwahrlosung offenbaren", sagte Oettinger.

Im Landtag, an Schulen und Behörden Baden-Württembergs gedachten die Menschen gestern bei einer Schweigeminute der Toten. Zahlreiche Unternehmen schlossen sich an, Sender unterbrachen ihr Radioprogramm, in Stuttgart hielten Busse und Bahnen für eine Minute an.

Bei dem Amoklauf hatte ein 17-Jähriger in seiner ehemaligen Realschule der Kleinstadt Winnenden und auf der anschließenden Flucht 15 Menschen erschossen. Anschließend nahm er sich selbst das Leben.