“Bußgeld-Paradies“? Das war einmal. Noch nie war zu schnelles Fahren so teuer. Außerdem sind auch in Deutschland Radar-Streckenkontrollen geplant.

Goslar/Hamburg. Wer rast oder angetrunken fährt, dem drohen vom Sonntag an scharfe Strafen. Der neue Bußgeldkatalog sehe die höchsten Strafen vor, die es jemals im deutschen Verkehrsrecht gegeben habe, betonte der Autoclub ACE. Damit verliere Deutschland endgültig und mit Recht seinen Ruf als "Bußgeld-Paradies". Drogen oder Alkohol am Steuer kosten künftig bereits beim ersten Vergehen 500 (statt bisher 250) Euro. Wer außerorts mehr als 51 Kilometer pro Stunde zu schnell fährt, muss laut ACE 240 (statt 150) Euro zahlen, bei mehr als 61 km/h sogar 440 (statt 275) Euro.

Raser sollen auch in Deutschland durch die umstrittene Radar-Streckenkontrolle ausgebremst werden. Der 47. Verkehrsgerichtstag in Goslar sprach sich nach heftigen Diskussionen für einen Test auf einem besonders gefährlichen Autobahnabschnitt aus. Die erhobenen Daten dürften allerdings nur für die Geschwindigkeitsüberwachung verwendet werden.

Eine Verknüpfung mit anderen Registern sei unzulässig, heißt es in der Empfehlung. Daten von Fahrzeugen, die das Tempo nicht überschritten hätten, seien nach der Messung sofort automatisch und spurenlos zu löschen. Der überwachte Streckenabschnitt müsse außerdem gut sichtbar angekündigt werden.

"Für Strecken mit einer Häufung schwerer, geschwindigkeitsbedingter Unfälle ist die punktuelle Überwachung nur bedingt geeignet", heißt es in der Empfehlung des Arbeitskreises. Polizisten hatten beklagt, dass Autofahrer bei klassischen Radarfallen zwar bremsten, danach aber umso ungenierter Gas gäben.

Das Streckenradar wird seit einigen Jahren in Österreich, Italien, Großbritannien und den Niederlanden eingesetzt. Dort verzeichneten die Behörden einen erheblichen Rückgang der Toten- und Verletztenzahlen.

Datenschützer und Automobilclubs sehen in dem System einen Eingriff in die Grundrechte, da bei der Ein- und Ausfahrt in den überwachten Bereich ausnahmslos alle Autofahrer erfasst würden, selbst wenn sie sich korrekt verhielten.

Die in Goslar versammelten 1600 Experten aus Justiz, Verwaltung, Anwaltschaft, Versicherungswirtschaft und Medizin sprachen sich gegen die Zulassung der Atemalkoholanalyse in Verkehrsstrafverfahren aus. "Diese ist kein geeignetes Beweismittel zur Feststellung der absoluten Fahruntüchtigkeit", heißt es in der Empfehlung.

Die Blutprobe sei unverzichtbar, wenn es um Haft- oder Geldstrafen sowie den Entzug des Führerscheins gehe. Atemalkoholmessgeräte bleiben damit nur zur Überprüfung der 0,5-Promille im Einsatz. Innenminister und Polizei fordern seit langem die Ausdehnung dieser Methode.

Ältere Verkehrsteilnehmer sollen sich nach dem einhelligen Willen des Expertengremiums auch künftig nicht regelmäßigen Gesundheitskontrollen unterziehen müssen. Die EU-Richtlinie, die eine Befristung von Führerscheinen auf 15 Jahre ab 2013 vorschreibt, dürfe kein Anlass sein, in Deutschland generelle Tauglichkeitstests einzuführen.

Der Verkehrsgerichtstag regte eine Reform der Flensburger Verkehrssünderkartei an. Bereits ab achten Punkten solle das Kraftfahrt-Bundesamt Autofahrer zwingend über den jeweils aktuellen "Kontostand" unterrichten. Außerdem müssten die Tilgungsfristen vereinfacht werden.