Der Gipfel beschäftigt sich zum Abschluss mit der Energiesicherheit und Bevölkerungsentwicklung. Kanzlerin Merkel würdigt den Ostseerat.

Stralsund. 20 Jahre nach der Gründung hat Kanzlerin Angela Merkel beim Gipfel in Stralsund die Arbeit des Ostseerates gewürdigt. In der Geschichte des Rates habe es „eine Vielzahl von Impulsen“ gegeben, sagte die CDU-Vorsitzende am Donnerstag. Zum Abschluss des Gipfels standen Themen wie Energiesicherheit und der demografische Wandel auf der Tagesordnung. Am Mittwoch hatten sich Spitzenpolitiker der elf Teilnehmerstaaten und der EU-Kommission zum Abendessen getroffen.

Im Rahmen der Energiezusammenarbeit sollte auch über die russisch-westeuropäische Ostseepipeline (Nordstream) sowie über die Sicherheit von Atomkraftwerken gesprochen werden. Über die Ergebnisse wollte Merkel am Mittag (12.30 Uhr) auf einer Pressekonferenz informieren. Merkel verwies auf die wechselvolle Geschichte der Staaten rund um die Ostsee. Heute gebe es Freiheit, diese sei aber auch mit Verantwortung verbunden. So gelte es, die Vielfalt zu schützen und sie für künftige Generationen zu erhalten.

Werften-Krise wirft Schatten

Überschattet wurde der Gipfel von den ganz realen Sorgen der Bevölkerung: Die P+S Werften, zu der die Volkswerft Stralsund gehört, benötigen dringend mehr als 200 Millionen Euro, ansonsten droht die Insolvenz. Einer neuerlichen Hilfe durch Land und Bund müsste die EU zustimmen, eine Entscheidung wurde noch am Donnerstag in Brüssel erwartet. Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) wollte dazu nach Belgien reisen.

EU-Kommisionspräsident José Manuel Barroso war als Gast des Gipfels schon am Mittwochabend nach Stralsund gereist. Nach Angaben aus Delegationskreisen wurde über das Werften-Thema nicht gesprochen. Parallel zum Gipfel trat auf der Werft der Betriebsrat zur Krisensitzung zusammen. „Wir hoffen, dass die Insolvenz abgewendet werden kann und sind auch zu eigenen Beiträgen bereit“, sagte der Sprecher der IG Metall Küste, Guido Fröschke. Auf eine Protestaktion zum Ostseeratgipfel hätten die Schiffbauer verzichtet.

Russland nur mit der zweiten Garnitur

Die ursprüngliche Aufgabe des Ostseerats bestand in der Überwindung des Ost-West-Gegensatzes durch Unterstützung der östlichen Anrainerstaaten auf ihrem Weg zu politischer Stabilität. Nach dem Fall der Mauer und dem Beitritt der baltischen Staaten und Polens in die Europäische Union verlagerten sich viele Gespräche auf europäische Ebene.

Nach Einschätzung der Bundesregierung hat der Gipfel gleichwohl nichts von seiner Bedeutung verloren. So schätze das Mitglied Russland die Zusammenarbeit im Ostseerat sehr, hieß es in Berliner Diplomatenkreisen. Merkel erklärte am Donnerstag, der Rat biete die Gelegenheit, über den Tellerrand hinauszuschauen und den Blick auf Nicht-EU-Staaten wie Russland zu lenken.

Allerdings: Russland war nur mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Igor Schuwalow vertreten. Ministerpräsident Dmitri Medwedew habe „alles versucht“, um am Gipfel teilzunehmen, sei aber durch eine Veranstaltung in Turkmenistan gehindert, hieß es.

Deutschland hat seit Mitte 2011 die Präsidentschaft des Ostseerates inne und übergibt sie im Juli an Russland. Der Ostseerat hält alle zwei Jahre einen Gipfel ab, in Stralsund ist es das neunte Treffen seit der Gründung. Der letzte Gipfel wurde in Litauen abgehalten, der nächste findet in Finnland statt. Umweltschützer hatten im Vorfeld des Treffens zudem konkrete Beschlüsse für Nutzungseinschränkungen in Meeresschutzgebieten gefordert.

Der Gipfel wurde von mehr als 500 Polizeibeamten gesichert. Deutschland war 20 Jahre nach Gründung des Ostseerates erstmals Gastgeber eines Gipfeltreffens.