Der Norden setzt auf den Ausbau von Windparks auf See

Berlin. Offshore-Windenergie, Solarförderung, Netzausbau, Gebäudesanierung - die Politik steht im Energiebereich vor einem Berg von ungelösten Aufgaben. Der Druck auf Bund und Länder, den Erwartungen an die Energiewende gerecht zu werden, sind auch nach dem Wechsel im Amt des Bundesumweltministers wahrlich nicht kleiner geworden. Heute um 11 Uhr treffen sich die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt, um bei der Umsetzung der Energiewende endlich Fortschritte zu erzielen. Auch Peter Altmaier (CDU) wird bereits zeigen müssen, dass er auf Augenhöhe mitreden kann.

Für die Nordländer sind vor allem die Stromgewinnung aus Windenergie und der Bau von Windparks auf hoher See von strategischer wirtschaftlicher Bedeutung. Rund 70 Windparks in Nord- und Ostsee sind bis 2030 geplant. Die Hafenstädte können zugleich von der Lieferung, Montage und Wartung der Anlagen profitieren. Doch seit Jahren stockt der Ausbau - und mit ihm die Netzanbindung der erhofften Windparks vor der Küsten.

Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD), forderte vor diesem Hintergrund von der Bundesregierung mehr Engagement für die Offshore-Windenergie. "Die Offshore-Investoren fühlen sich von der Regierung bisher zu wenig unterstützt", kritisierte er im Abendblatt-Gespräch. Sellering bezeichnete die Energiewende als "große nationale Aufgabe dieses Jahrzehnts". Die Bundesregierung müsse ihre Verantwortung endlich wahrnehmen. "Jetzt muss es losgehen. Wir haben ein Jahr verloren", so Sellering.

Der Regierungschef forderte die Koalition in Berlin zudem auf, den Ausbau der Stromnetze aus eigenen Mitteln zu bezahlen. Momentan seien einige Netzbetreiber völlig überfordert, sagte Sellering. "Der Bund muss selbst Geld in die Hand nehmen, um die Netze auszubauen", verlangte er. Der Netzausbau liege in der Verantwortung des Bundes und letztlich der Kanzlerin, begründete er seinen Vorstoß. Zugleich sprach er sich für ein bundesweites Energieministerium aus. Dass das "das Richtige" sei, begründete der SPD-Politiker aus eigener Erfahrung: "Wir haben so ein Ministerium in Mecklenburg-Vorpommern nach der Wahl 2011 eingerichtet."

Umweltorganisationen und Branchenverbände kritisierten die Vielstimmigkeit in der Energiepolitik. "Die Politik hat im vergangenen Jahr zu wenige der zentralen Bausteine für eine erfolgreiche Energiewende angepackt", sagte Regine Günther vom WWF Deutschland. Auch die Vorsitzende des Bundesverband Energiewirtschaft (BDEW), Hildegard Müller, übte Kritik. Wenn sich Bund und Länder bei ihrem Treffen am Mittwoch nicht auf eine bessere Verzahnung einigten, "drohen energiewirtschaftliche Probleme und erhebliche Kosten", warnte sie.