Euro-Gruppenchef hält Laudatio auf den Karlspreisträger in Aachen - seinen potenziellen Nachfolger

Aachen. Die Laudatio auf den Karlspreisträger Wolfgang Schäuble klingt wie eine Empfehlung für höhere Ämter: Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker ist voll des Lobes für den Bundesfinanzminister. Im Aachener Rathaus fallen immer wieder Worte wie Europa-Veteran, Europa-Dinosaurier und Überzeugungstäter. "Wolfgang Schäuble hat es in seinem Leben immer wieder verstanden, Verantwortung zu übernehmen", sagt Juncker.

Klar, eine Laudatio soll loben. Doch gestern war es auch ein Wink mit dem Zaunpfahl. Denn Juncker tritt als Euro-Gruppenchef bald ab. Längst wird über einen Nachfolger spekuliert. Aachen, die Stadt mit europäischer Tradition, ist eine geeignete Bühne, um einen Wunschkandidaten in Stellung zu bringen. Juncker nennt den CDU-Politiker Schäuble seinen "Freund Wolfgang" und Schäuble duzt den europäischen Spitzendiplomaten zurück.

Schäuble, 69, hatte erst diese Woche sein Interesse an der Führung der Euro-Gruppe geäußert. Er sage "nicht, dass ich unter keinen Umständen den Vorsitz übernehmen kann", zitierte ihn die "Welt am Sonntag". Ablehnung unter den Finanzministern nehme er nicht war, und "das ist ja auch nicht schlecht". Drum hat Schäuble in Aachen auch Ideen und Visionen im Gepäck. Er will den europäischen Kommissionspräsidenten künftig direkt vom Volk wählen lassen. Aus der Europäischen Union soll endlich eine politische Union werden. "Mehr statt weniger Europa" lautet Schäubles Devise. "Jedenfalls brauchen wir europäische Entscheidungen durch demokratisch legitimierte europäische Institutionen", sagt er. "Wer Europa konkret voranbringen will, darf nie vergessen, dass Pragmatismus und Flexibilität meistens besser sind als Prinzipienreiterei."

Auch das Karlspreisdirektorium ist begeistert von Schäuble. Der 54. Preisträger sei ein "großer Europäer". Das Direktorium würdigte Schäubles Verdienste um die Stabilisierung der Währungsunion und seinen Beitrag für die europäische Einigung.