Der gestrige Sonntag war kein Jubeltag für die Kanzlerin. Schwarz-Gelb ist aber immerhin wieder denkbar. Aber aus Griechenland und Frankreich gibt es mächtig Gegenwind.

Berlin. Noch nie in ihrer Amtszeit als Bundeskanzlerin hatte ein Wahlsonntag so starke innen- und auch europapolitische Auswirkungen wie dieser 6. Mai 2012. In Frankreich und Griechenland bläst Angela Merkel kräftig der Wind gegen ihr Projekt Fiskalpakt entgegen. Und in Deutschland muss sie um die regionale Macht ihrer CDU bangen. Das Regieren wird für sie zweifellos noch schwerer.

Die Landtagswahl in Schleswig-Holstein bedeutet für die CDU-Chefin Verlust und Gewinn zugleich: Die Christdemokraten konnten aus dreijähriger Regierungsführung in Kiel kaum Kapital schlagen. Wiedergewinnen könnte Merkel aber eine Machtoption. Denn falls der klare FDP-Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde im Norden den Anfang der Rettung der schon totgesagten Partei von Vizekanzler Philipp Rösler markiert, dann ist Schwarz-Gelb immerhin wieder denkbar.

Am nächsten Sonntag wählt Nordrhein-Westfalen. Wahlen in dem bevölkerungsreichsten Bundesland gelten als Vorboten für den Bund. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die CDU mit Bundesumweltminister Norbert Röttgen als Spitzenkandidat gewinnen wird. Aber sollten die Freien Demokraten auch in NRW den Wiedereinzug in den Landtag schaffen, dürfte sich Merkels Ausgangsposition für die Bundestagswahl 2013 wieder verbessern. Schließlich erklärt Merkel die christlich-liberale Koalition trotz gravierender Probleme seit Amtsbeginn 2009 weiterhin zu ihrem Wunschbündnis.

In Kiel hatte die Kanzlerin aber mehr zu verlieren als kommenden Sonntag in Düsseldorf: eine weitere schwarz-gelbe Regierung. Am Ende ging es der CDU in Berlin nur noch darum, im Norden wenigstens auf eine Große Koalition unter Führung der Union hinzuarbeiten, also wenigstens stärkste Fraktion im Landtag zu werden, um dem Trend zu Rot-Grün Argumente entgegensetzen zu können.

Auch inhaltlich war die Wahl in Schleswig-Holstein von strategischer Bedeutung für die CDU-Chefin: Würde der Wahlkampf mit klaren Sparparolen und der Agenda des Schuldenabbaus überhaupt funktionieren? Jost de Jager gab im Wahlkampf den "norddeutschen Merkel", und Merkel war stets voll des Lobes über de Jagers nüchternen, sachlichen und stets auf Konsolidierung bedachten Arbeitsstil. Ein Stil, den schließlich auch sie pflegt, der allerdings in einem Jahr im Bundestagswahlkampf im Falle einer sich verschärfenden Euro-Krise und schwächelnden Konjunkturdaten die Wähler abschrecken könnte.