Die sieben wichtigsten Fragen des Landes

Landesfinanzen

Schleswig-Holstein hat 27 Milliarden Euro Schulden und gibt deutlich mehr Geld aus, als es einnimmt. Das strukturelle Haushaltsdefizit lag Ende 2010 bei 1,32 Milliarden Euro und muss bis 2020 in zehn gleichen Schritten auf null gesenkt werden (Schuldenbremse). Die CDU/FDPKoalition wollte bis Ende des Jahrzehnts 5300 Landesstellen (jede zehnte Stelle) abbauen, darunter wegen des Schülerrückgangs allein 3650 Lehrerstellen (demografische Rendite). Was kann Schleswig-Holstein sich künftig leisten?

Jost de Jager (CDU):

Die CDU hält an dem Abbau von 5300 Stellen im Landesdienst fest, will zum Sommer 2012 wie im Vorjahr nochmals 300 Lehrerstellen und in den nächsten Jahren weitere 3050 streichen. Abstriche bei der Unterrichtsversorgung soll es nicht geben, weil die Schülerzahl bis 2020 deutlich zurückgeht, um fast 60 000 Schüler. Auf teure Wahlversprechen verzichtet die CDU. Ausnahme: In den Haushaltsjahren 2013 und 2014 sollen je 25 Millionen Euro zusätzlich ausgegeben werden, um den Unterrichtsausfall zu begrenzen und die Infrastruktur auszubauen, etwa Breitbandkabel in Dörfer zu verlegen.

Torsten Albig (SPD):

Die SPD will in den Schulen bis 2020 nur die Hälfte der "demografischen Rendite" einsparen, mit der anderen Hälfte (mindestens 1500 Stellen) vor allem die Unterrichtslage verbessern. Mindereinsparung: 75 Millionen Euro im Jahr. Das Land soll die Finanzkürzung bei Kreisen, Städten und Gemeinden schrittweise zurücknehmen (120 Millionen Euro im Jahr), bis 2017 mindestens ein Kita-Jahr für Eltern gratis anbieten, unter anderem die Sparaktionen beim Bio- Landbau und den Dänen-Schulen stornieren. Woher das Geld (mindestens 200 Millionen Euro im Jahr) kommen soll, ist unklar.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen):

Die Grünen wollen wie SPD, SSW und Linke den Beschluss, im Sommer weitere 300 Lehrerstellen zu streichen, rückgängig machen. Versprochen wird, bis 2015 in den Schulen keine Stellen abzubauen oder mögliche Einsparungen im Bildungssystem zu belassen. Für 2016/17 wird das angestrebt, aber nicht garantiert. Die Öko-Partei will die von CDU und FDP gekappte Förderung von Bio-Höfen ebenso stornieren wie die bei den Dänen-Schulen und über eine kommunale Hotelübernachtungsabgabe die Kultur fördern.

Antje Jansen (Die Linke):

Die Linke hat als einzige Partei im Landtag die Aufnahme der Schuldenbremse in die Landesverfassung abgelehnt und macht die meisten Wahlversprechen. Sie lehnt Kürzungen im Bildungsbereich ab, will alle drei Kita-Jahre gebührenfrei anbieten, kleinere Klassen an Grundschulen und mehr Geld für die Hochschulen. Die Kürzungen bei den Kommunen, dem Blindengeld, bei Frauenhäusern und im Kulturbereich sollen rückgängig gemacht werden. Sparen will die Linke bei Politikern und Verfassungsschutz. Unterm Strich bleiben Mehrausgaben von mindestens 600 Millionen Euro im Jahr.

Wolfgang Kubicki (FDP):

Die FDP schlägt einen weicheren Sparkurs ein. Sie will den Streichbeschluss bei den Lehrerstellen "nicht vollständig" umsetzen, Privatschulen stärker fördern und wie die CDU in den beiden nächsten Jahren insgesamt 50 Millionen Euro zusätzlich ausgeben, um Unterrichtsausfall zu begrenzen und die Infrastruktur in Schleswig- Holstein schneller auszubauen. Die Vorgaben der Schuldenbremse wollen die Liberalen deutlicher als andere Parteien durch eine wirtschaftsfreundliche Politik und Mehreinnahmen erfüllen.

Anke Spoorendonk (SSW):

Der SSW will die "demografische Rendite" im Schulbereich nicht einsparen, sondern im Bildungssystem belassen, also in Kitas, Schulen oder Hochschulen stecken. Die Kürzungen bei den Schulen der dänischen Minderheit sollen rückgängig gemacht, die bei Aids-Hilfen, Drogenhilfe oder Jugendarbeit noch einmal kritisch geprüft werden. Sparen will der SSW durch eine schlankere Verwaltung, insbesondere auf kommunaler Ebene.

Torge Schmidt (Piratenpartei):

Die Piraten wollen die Schuldenbremse bis 2020 sinnvoll verändern, den Schuldenberg des Landes bis 2050 abtragen und "keine Wohltaten auf Pump" bezahlen. Mit diesem Finanzierungsvorbehalt steht ein dickes Fragezeichen hinter vielen Wahlversprechen. So fordern die Piraten für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr kostenfreie Krippenplätze , ab dem dritten Lebensjahr kostenfreie Kita-Plätze, wollen mehr Geld in die Bildung stecken und einen kostenlosen Bus- und Bahnverkehr in drei Modellregionen (Großstadt, Kleinstadt, Dörfer) testen.

Bildung

Schleswig-Holstein gehört beim Angebot von Krippenplätzen bundesweit zu den Schlusslichtern, bei den Preisen für Kita- Plätze zur Spitze. Das von der CDU/SPDKoalition vor der Landtagswahl 2009 eingeführte kostenlose dritte Kita-Jahr wurde von der CDU/FDP-Koalition abgeschafft. Seit Sommer 2011 müssen Eltern in den elf Landkreisen bis zu 30 Prozent der Schulbuskosten tragen. Studiengebühren gibt es bisher nicht. Wie geht es weiter mit Kita & Co.?

Jost de Jager (CDU):

Die CDU möchte für die Kitas eine landesweit einheitliche Sozialstaffel einführen, in den Schulen den evangelischen sowie den katholischen Religionsunterricht stärken, mehr Sozialarbeiter (bisher nur Grundschulen) beschäftigen und weitere Ganztagsschulen einrichten. Die Schulämter sollen die Aufsicht über fast alle Schularten (außer Gymnasium) übernehmen. Die Elternbeteiligung an den Schulbuskosten bleibt, die Erhebung von Studiengebühren ist "nicht vorgesehen".

Torsten Albig (SPD):

Die SPD will in der nächsten Legislaturperiode (bis 2017) mindestens ein Kita-Jahr gebührenfrei anbieten und mittelfristig allen Kindern von drei bis sechs Jahren einen Platz (fünf Stunden) gratis zur Verfügung stellen. Der Religionsunterricht in den Schulen soll in Absprache mit den Kirchen konfessionsübergreifend erfolgen. Alle Schulen sollen mindestens offene Ganztagsschulen (freiwilliger Besuch) werden. Die SPD möchte den Kreisen freistellen, ob sie Eltern an Schulbuskosten beteiligen. Studiengebühren sind tabu.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen):

Die Grünen wollen über eine Landes-Sozialstaffel jedem Kind den Zugang zu einer Kita ermöglichen. Gratis-Kitas sind das Ziel, aber derzeit nicht bezahlbar. Die Grünen fordern "autonome Schulen" und möchten, dass einige Lehranstalten (Starterschulen) das freiwillig erproben. Der Religionsunterricht soll nach dem Hamburger Modell "Religion für alle" umgebaut, alternativ ein Ethikunterricht angeboten werden. Die Grünen wollen es wie die SPD den Kreisen überlassen, ob Eltern Schulbusse mitbezahlen müssen. Studiengebühren werden ablehnt.

Antje Jansen (Die Linke):

Die Linke fordert für Kinder unter drei Jahren ein flächendeckendes Netz von Frühfördereinrichtungen. In den Schulen soll es für alle Kinder eine kostenlose Mahlzeit geben. Die Linke setzt sich für mehr Ganztagsschulen und Sozialarbeiter ein. Der Religionsunterricht soll durch einen verpflichtenden Ethikunterricht ersetzt werden. Die Beförderung aller Schüler soll kostenlos sein. Das Studium bleibt gebührenfrei.

Wolfgang Kubicki (FDP):

Die FDP will wie auch andere Parteien die Ausbildung des Kita-Personals ausbauen. Die Schulen sollen alternativ zum evangelischen sowie katholischen Religionsunterricht einen konfessionsübergreifenden Religions- und Ethik- oder Philosophieunterricht anbieten. Nach dem Willen der Liberalen sollen alle Schulen ihre Lehrkräfte selbst aussuchen. Bei der Schülerbeförderung ist keine Änderung geplant, ebenso an den staatlichen Hochschulen. Das Studium soll grundsätzlich gebührenfrei bleiben.

Anke Spoorendonk (SSW):

Der SSW will in der nächsten Legislaturperiode in den Kitas die Bildungsqualität (etwa mehr Personal) steigern, frühestens danach Kita-Plätze kostenlos anbieten. In den Grundschulen soll in Klasse 4 die Schulartempfehlung entfallen. Das Land soll die Kreise rechtlich und finanziell in die Lage versetzen, die Schülerbeförderung kostenlos anzubieten. Das soll auch für Schüler der dänischen Schulen (Privatschulen) gelten. Studiengebühren lehnt der SSW ab.

Torge Schmidt (Piratenpartei):

Die Piraten fordern kostenlose Krippenplätze (Kinder ab zwei Jahre) und gebührenfreie Kitas (drei bis sechs Jahre). Sie lehnen den konfessionellen Religionsunterricht ab, wollen Ethik gleichwertig behandelt wissen. In allen Lehranstalten soll eine günstige "Schulspeisung" (möglichst nach Demeter-Richtlinien) angeboten werden. Das Land soll die Schülerbeförderung von den Kreisen übernehmen und bis Klasse 10 kostenlose Schülerkarten finanzieren. Die Piraten wollen keine Studiengebühren einführen.

Schulsystem

In Schleswig-Holstein jagt eine Schulreform die nächste. 2007 führte eine CDU/SPD-Koalition die Regionalschule (Haupt- und Realschüler) sowie die Gemeinschaftsschule (alle Schüler) ein. 2008 lief an den Gymnasien das "Turbo-Abi" (G8 – Abi nach acht Jahren) an. 2011 ermöglichte es die schwarz-gelbe Koalition den Gymnasien, ganz oder teils wieder ein "Langsam-Abi" (G9) anzubieten. 15 der 99 Gymnasien stellten um. Alle Parteien versprechen jetzt einen Schulfrieden. Wie sieht er aus?

Jost de Jager (CDU):

Die CDU will im Prinzip ein zweigliedriges Schulsystem aus Gymnasien sowie Regionalund Gemeinschaftsschulen. Die Lehrerausbildung soll schulartbezogen bleiben. An der Uni Kiel sollen Gymnasiallehrer, an der Uni Flensburg Grundschul- sowie Regional- bzw. Gemeinschaftsschulpädagogen ihre Ausbildung bekommen. Gymnasien, die zu G9 zurückgekehrt sind, dürfen weiterhin Fünftklässler in "Langsam- Abi"-Klassen aufnehmen. Ansonsten gibt es an Gymnasien G8, an Gemeinschaftsschulen G9.

Torsten Albig (SPD):

Das "langfristige Ziel" der SPD bleibt "eine Schule für alle". Bis dahin setzt sie auf ein zweigliedriges System, bestehend aus Gymnasien und aus Gemeinschaftsschulen. Bisherige Regionalschulen sollen zu Gemeinschaftsschulen entwickelt werden. Die SPD will Stufenlehrer ausbilden. Stufe eins: Grundschule; Stufe zwei: Klassen 5 bis 10 an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen; Stufe drei: Oberstufe an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen. Neue G9-Klassen an Gymnasien soll es nicht geben. Alte dürfen weitermachen.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen):

Die Grünen streben "auf lange Sicht" durch "gemeinsames Lernen geprägte Gemeinschaftsschulen" an, wollen bis auf Weiteres die Gymnasien aber nicht abwickeln. Sie setzen wie die SPD auf die Ausbildung von Stufenlehrern, die ab Klasse fünf in Gymnasien und Gemeinschaftsschulen unterrichten können. In einem "Bildungskonvent" sollen alle Schulbeteiligten eine parteiübergreifende Lösung finden, um mindestens zehn Jahre Schulfrieden zu sichern. Die Gymnasien, die G9 wieder eingeführt haben, können diesen Weg weiter gehen.

Antje Jansen (Die Linke):

Die Linke lehnt eine Trennung der Schüler nach Klasse 4 ab und fordert eine Einheitsschule bis Klasse 10. In der anschließenden Oberstufe können Jugendliche eine Berufsausbildung und Abitur machen. Die 2008 eingeführte Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur von neun auf acht Jahre wird abgelehnt.

Wolfgang Kubicki (FDP):

Die FDP will die Gymnasien erhalten und Gemeinschafts- und Regionalschulen organisatorisch verzahnen. Die Lehrerausbildung soll schulartbezogen bleiben und in Form eines Staatsexamens erfolgen. Die Liberalen wollen als einzige Partei weiteren Gymnasien die Möglichkeit eröffnen, ganz oder teilweise von G8 zu G9 zurückzukehren. Oberstufen soll es an den Gymnasien und vor allem an den Gemeinschaftsschulen geben, die früher schon als Gesamtschulen bis zum Abitur führten.

Anke Spoorendonk (SSW):

Der SSW setzt auf ein "flächendeckendes" System von Gemeinschaftsschulen. Die Lehrer sollen künftig entweder für die Oberstufe oder die Mittelstufe (Klassen bis 10) ausgebildet werden. Mittelstufenlehrer können sich auf Grundschulen spezialisieren. Der SSW will G9 an Gemeinschaftsschulen und G8 an Gymnasien. Schüler, die G9-Klassen an Gymnasien besuchen, sollen dort ihren Abschluss machen dürfen.

Torge Schmidt (Piratenpartei):

Die Piraten lehnen Schulstrukturreformen ab, die aus "ideologischen Gründen" geschehen. "Unsere Schulpolitik wird sich darauf konzentrieren, wie Schüler besser auf ihr Leben vorbereitet werden." Aussagen dazu, wie die Lehrerausbildung (derzeit gibt es Studiengänge für Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien) an die neue Schulstruktur angepasst werden soll, machen die Piraten nicht. Auch die Frage nach der Zukunft von G8 und G9 beantwortet die Partei nicht.

Wirtschaft und Infrastruktur

Für Schleswig-Holstein ist die Energiewende eine Jahrhundertchance. Das Küstenland kann voraussichtlich schon 2015 seinen Stromverbrauch durch Windenergie decken. Die CDU/FDPKoalition hat die Eignungsflächen für Windparks verdoppelt (auf 1,5 Prozent der Landesfläche). Umstritten ist die Verkehrspolitik, vor allem der Weiterbau der Autobahn 20 und die feste Querung des Fehmarnbelts. Wie viel Wind verträgt das Land, und welche Verkehrsprojekte braucht es?

Jost de Jager (CDU):

Die CDU setzt auf die Energiewende, will den Ausbau der Stromnetze beschleunigen und mehr Platz für Windparks an Land ausweisen, bis zu zwei Prozent der Landesfläche (bisher 1,5 Prozent). Ganz oben auf der Wunschliste stehen der Weiterbau der A 20 über die Elbe bei Glückstadt, die feste Querung des Fehmarnbelts samt Zusatzquerung des Fehmarnsunds, der Ausbau von A 7, A 21 (später mit östlicher Elbquerung), die Ortsumgehung Geesthacht und der Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals. Die Flughäfen in Lübeck und auf Sylt sollen gefördert werden.

Torsten Albig (SPD):

Die SPD sieht in der Energiewende den "Wachstumsmotor" für Schleswig-Holstein. Stromnetze sollen kommunalisiert werden, eine Landesnetzgesellschaft (Kreise, Kommunen, Stadtwerke) den Ausbau von "Bürgernetzen" vorantreiben. Ein Tariftreuegesetz soll bei öffentlichen Aufträgen Mindestlöhne garantieren. Mit Hamburg und anderen Nachbarn soll um Touristen geworben werden. Die SPD setzt im Kern auf die gleichen Autobahnprojekte wie die CDU. Ausnahme: Eine feste Querung des Fehmarnbelts wird kritischer gesehen.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen):

Die Grünen wollen auch Kleinwindanlagen fördern, beim Netzausbau neue 110-KV-Leitungen als Erdkabel verlegen und Kommunen beim Rückkauf von Stromnetzen unterstützen. Ein geplantes Kohlekraftwerk in Brunsbüttel soll verhindert werden. Die Partei lehnt einen Weiterbau der A 20 westlich der A 21 (Bad Segeberg) ab und möchte statt eines Fehmarnbelt-Tunnels den Fährverkehr verbessern. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) soll ausgebaut werden, etwa durch die S 4 (Hamburg–Bad Oldesloe) oder eine Stadt-Regionalbahn in Kiel.

Antje Jansen (Die Linke):

Die Linke will mehr Windkraft (zwei Prozent der Landesfläche), eine Solar-Initiative (Fotovoltaikanlagen auf Landesgebäuden) und ein kommunales Energiewende-Programm starten. Neue Kohlekraftwerke werden abgelehnt. Die Linke möchte wie die Grünen vorhandene Straßen erhalten und große Neubauprojekte wie die A 20 und die feste Querung des Fehmarnbelts verhindern. Im Gegenzug soll der ÖPNV ausgebaut werden, etwa durch Stadt-Regionalbahnen in Kiel und Lübeck. In den Zügen soll die erste Klasse abgeschafft werden.

Wolfgang Kubicki (FDP):

Die FDP will mit dem Ausbau der Stromnetze spätestens 2015 beginnen, mehr Windparks zulassen (auf 2,0 statt 1,5 Prozent der Landesfläche) und prüfen, ob die Mindestabstände von Rotoren zu Wohnhäusern und Deichen verringert werden können. Die Liberalen wollen den Ausbau aller Autobahnen, einiger Bundesstraßen sowie die S-Bahn 4 von Hamburg bis Bad Oldesloe, S-Bahnen von Hamburg nach Kaltenkirchen sowie Elmshorn und einen größeren Bereich des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV).

Anke Spoorendonk (SSW):

Der SSW möchte die Energiewende vorantreiben, Kleinwindanlagen fördern und Kommunen bei der Übernahme von Stromnetzen unterstützen. Im Straßenverkehr steht die Partei hinter Großprojekten wie der A 20. Eine feste Querung des Fehmarnbelts wird befürwortet, allerdings nur, wenn sich dadurch nicht andere Projekte in Schleswig-Holstein weiter verzögern. Auf der Wunschliste steht unter anderem der Ausbau der Bahnstrecken Hamburg–Flensburg–Kolding, Hamburg–Westerland, Niebüll–Tønder–Esbjerg und Pinneberg–Elmshorn.

Torge Schmidt (Piratenpartei):

Die Piraten fordern ein Energieprogramm für Städte und Gemeinden. Es soll den Kommunen ermöglichen, Belastungen in allen Emissionsund Eingriffsbereichen (Abgase, Lärm, Licht) zu reduzieren. Aussagen zur Windenergie oder zum Bau der A 20 machen die Piraten nicht. Eine feste Fehmarnbelt-Querung lehnen sie ab. Die Piraten wollen Bus und Bahn "mittelfristig" kostenlos anbieten. Ein fahrscheinloser öffentlicher Personennahverkehr soll in einer Großstadt, einer Kleinstadt und einer ländlichen Region getestet werden.

Arbeit und Soziales

Die schwarz-gelbe Koalition hat nach einem EU-Urteil das Tariftreuegesetz entschärft, das Firmen bei öffentlichen Aufträgen an gewisse Standards bindet. Umstritten sind in Schleswig-Holstein auch ein Mindestlohn, die Kürzungen im Sozialbereich, die Ladenöffnungszeiten und hier insbesondere die Bäderregelung, nach der Geschäfte in Ferienorten von Mitte Dezember bis Ende Oktober auch sonntags öffnen dürfen. Wie sozial soll Schleswig- Holstein sein?

Jost de Jager (CDU):

Die CDU lehnt flächendeckende gesetzliche Mindestlöhne ab und setzt auf Lohnuntergrenzen, die von den Tarifpartnern festgelegt werden. Bei öffentlichen Auftragsvergaben hält die CDU an der im Land durchgesetzten Tariftreueregelung fest. Die Bäderregelung soll bleiben. Die CDU will die Kürzungen im Sozialbereich, etwa beim Landesblindengeld, nicht zurücknehmen. Die Frauenhäuser sollen durch eine neue Finanzierung gesichert werden. Kreise, Städte und Ämter sollen keine hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten mehr einstellen müssen.

Torsten Albig (SPD):

Die SPD will auf Bundesebene einen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro durchsetzen und auf Landesebene ein schärferes Tariftreuegesetz auf den Weg bringen. Die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst soll erweitert werden. Die SPD möchte den gesetzlichen Anspruch auf Weiterbildung (Bildungsurlaub) ausbauen und einige Kürzungen im Sozialbereich wie etwa beim Blindengeld abmildern.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen):

Die Grünen fordern einen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro die Stunde und wollen im Land bei öffentlichen Aufträgen über ein Vergabe- und Tariftreuegesetz soziale und ökologische Standards einführen. Das Frauenhaus in Wedel soll erhalten bleiben, ebenso sollen die Frauenhäuser in Schwarzenbek und Ahrensburg als eigenständige Einrichtungen bleiben. Die Grünen wollen über das Landeswahlgesetz alle Parteien verpflichten, bei der Landesliste eine Frauenquote einzuhalten. Drogenabhängige sollen kostenlos Spritzutensilien erhalten.

Antje Jansen (Die Linke):

Die Linke will auf Bundesebene einen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde durchsetzen und die Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich verkürzen. Die "familienfeindlichen" Ladenöffnungszeiten in Schleswig-Holstein sollen stärker reguliert werden. Die Linke will alle Kürzungen bei Fraueneinrichtungen rückgängig machen, fordert mehr Gleichstellungsbeauftragte und will bis 2017 die Hälfte aller Führungspositionen im Zuständigkeitsbereich des Landes mit Frauen besetzen. Die Kürzung des Blindengeldes soll zurückgenommen werden.

Wolfgang Kubicki (FDP):

Die FDP lehnt einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn ab, fordert aber Lohnuntergrenzen, die von den Tarifpartnern verhandelt werden und nach Branchen und Regionen differenziert werden können. Die Bäderregelung soll nach dem Willen der Liberalen ausgeweitet werden: "Sonntagsöffnungen beleben die Tourismusorte." Bei den Kürzungen im Sozialbereich sieht die FDP keinen Korrekturbedarf. Für Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen wird allerdings "eine verlässliche Finanzierung auf gesetzlicher Basis" gefordert.

Anke Spoorendonk (SSW):

Der SSW setzt sich für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn ein. Die Höhe sollen Tarifpartner und andere Experten festlegen. In Schleswig-Holstein soll ein strenges Tariftreuegesetz sicherstellen, dass im Land öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die den ortsüblichen Lohn zahlen. Der SSW tritt für auskömmlich finanzierte Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen ein, will die Kürzung des Landesblindengeldes zurücknehmen und in der Kieler Landesregierung wieder ein Gleichstellungsministerium einrichten.

Torge Schmidt (Piratenpartei):

Die Piraten haben keine Position zu Mindestlohn und Tariftreuegesetz. Sie wollen es Geschäften erlauben, auch am Sonntag zu öffnen. "Der sogenannte Schutz des Sonntags ist ursprünglich religiös motiviert." Zu den Kürzungen im Sozialbereich äußern die Piraten sich nicht. Sie wollen über eine Studie ermitteln, welche Tätigkeiten im öffentlichen Dienst von Beamten gemacht werden müssen und welche auch von Angestellten erledigt werden können.

Umwelt

In Schleswig-Holstein gibt es 533 Autobahnkilometer, davon 389 mit Geschwindigkeitsbeschränkungen. Umstritten ist ein generelles Tempolimit. Die Bauern bearbeiten in Schleswig-Holstein rund eine Million Hektar. Das sind etwa 70 Prozent der Landesfläche. Konflikte gibt es um den vermehrten Anbau von Mais für Biogasanlagen, den Naturschutz, die Jagd und den Tierschutz. Wie ökologisch soll Schleswig-Holstein werden?

Jost de Jager (CDU):

Die CDU will auf den Autobahnen kein generelles Tempolimit (120 oder 130 Stundenkilometer) einführen. Beim Maisanbau für Biogasanlagen setzt die Union auf Empfehlungen und die "gute landwirtschaftliche Praxis". Im Zentrum der Naturschutzpolitik soll weiterhin der Vertragsnaturschutz (zum Beispiel Verträge mit Landwirten) stehen. Einschränkungen der Jagd sind nicht geplant.

Torsten Albig (SPD):

Die SPD tritt für ein Tempolimit von 120 Kilometer pro Stunde auf Autobahnen ein. Sie will ein Landesaktionsprogramm zur Zukunft von Energieversorgung und Klimaschutz erstellen sowie den "ungesteuerten Bau von Biogasanlagen" verhindern. Die zentralen Naturschutzgesetze sollen reformiert, die Agrarpolitik ökologisch ausgerichtet werden.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen):

Die Grünen befürworten ein Tempolimit von 120 auf allen Autobahnen. Der Grünland-Erlass soll verschärft werden, um den Umbruch von Grünin Ackerland etwa für Maisanbau zu erschweren. Die Natur soll auf 15 Prozent der Landesfläche Vorrang vor Landwirtschaft und Straßenbau haben. Die Grünen wollen mehr Natur- und Wasserschutzgebiete ausweisen, das Bauen "auf der grünen Wiese" einschränken und an allen Gewässern die Randstreifen schützen. Die Jagdzeiten und die Liste der jagdbaren Arten sollen eingedampft werden.

Antje Jansen (Die Linke):

Die Linke spricht sich für Tempolimit von 120 oder 130 Kilometer pro Stunde auf Autobahnen aus. Auf Acker- und Grünlandflächen sollen Nahrungsmittel produziert, Biogasanlagen mit Abfall- und Reststoffen betrieben werden. Die Linke fordert, Naturschutzauflagen konsequent durchzusetzen und ein Netz von Landschaftserhaltungsverbänden aufzubauen. Tierschutzverbände sollen ein Verbandsklagerecht und das Recht bekommen, Tierhaltungen zu besuchen. Für Lebensmittel soll ein Tierschutzsiegel eingeführt werden.

Wolfgang Kubicki (FDP):

Mit der FDP ist kein generelles Tempolimit auf Autobahnen zu machen. Bei Biogasanlagen soll die Verwertung von Reststoffen Vorrang haben vor der Nutzung etwa von Mais. Naturschutz wollen die Liberalen mit den Landwirten umsetzen. In einem Leitfaden "Umweltinformationen" soll festgehalten werden, welche Umweltinformationen bei Behörden vorliegen. Die FDP will im Gefahrhundegesetz die Liste mit angeblich gefährlichen Hunderassen streichen, einen Sachkundenachweis für Halter und einen Wesenstest für auffällige Tiere einführen.

Anke Spoorendonk (SSW):

Der SSW ist für ein generelles Tempolimit auf Autobahnen. Die Partei will den Bau von Biogasanlagen über die Landesplanung steuern und bremsen, für größere Anlagen eine Bauleitplanung vorschreiben. Das Landesnaturschutzgesetz soll verschärft werden. Nach dem Willen des SSW soll das Land alles unternehmen, um die Ölförderung im Wattenmeer zu beenden. Die Sparaktion der schwarz-gelben Koalition beim Öko-Landbau will die Partei rückgängig machen.

Torge Schmidt (Piratenpartei):

Die Piraten lehnen neue Tempolimits auf Autobahnen ab. Den Anbau von Energiepflanzen für Biogasanlagen oder den Einsatz von Nahrungsmitteln für den Öko-Strom will die Partei "vermeiden". Die Piraten fordern eine landesweite Einschränkung von vermeidbaren Lichtemissionen, um den Tages- und Nachtrhythmus von Tier, Mensch und Umwelt nicht zu stören. In der Landesverfassung soll garantiert werden, dass unter anderem das Betreten von Wäldern, Stränden und Küsten sowie die "Aneignung wild wachsender Waldfrüchte" gestattet ist.

Hamburg

Schleswig-Holstein und Hamburg sind in den vergangenen Jahren enger zusammengerückt. Der Hamburger Hafen ist der größte Arbeitgeber Schleswig-Holsteins, Fuhlsbüttel der gemeinsame Großflughafen. Beide Länder haben ein Statistikamt, eine Medienanstalt und mit der HSH eine Nordbank. Über weitere Projekte wird diskutiert, über einen Nordstaat ab und zu lamentiert. Wie soll Schleswig-Holstein es mit Hamburg und den anderen norddeutschen Ländern halten?

Jost de Jager (CDU):

Die CDU will mit Hamburg und anderen Küstenländern einen Grundlagenstaatsvertrag abschließen, um Kooperationen zu erleichtern. Bei allen Gesetzesvorhaben in Kiel soll es standardmäßig eine Übersicht über die Regelungen in anderen Küstenländern geben. Die CDU will die Zusammenarbeit mit Hamburg verstärken, etwa im Bereich der Wirtschaftsförderung. Der Lübecker Flughafen soll Ersatz-Airport für Fuhlsbüttel werden. Die CDU möchte den Länderfinanzausgleich so ändern, dass er eine "Neuordnung von Bundesländern" nicht mehr behindert.

Torsten Albig (SPD):

Die SPD will mit Hamburg einen Parlamentsausschuss (Vertreter aus Landtag und Bürgerschaft) einrichten, der gemeinsame Projekte begleitet, bewertet und neue Vorhaben entwickelt. Auch die Zusammenarbeit mit Mecklenburg-Vorpommern soll enger werden. Die SPD strebt mit Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern eine gemeinsame Hochschulpolitik an. Dazu könnte ein "Programm des Nordens" aufgelegt werden. Über einen Nordstaat sagt die SPD nichts.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen):

Die Grünen wollen zusammen mit Hamburg einen gemeinsamen Schulentwicklungsplan für Metropole und Umland aufstellen, auch für den beruflichen Bereich. Ziel ist eine möglichst freie Kita- und Schulwahl in der Metropolregion. Der Bus- und Bahnverkehr in beiden Ländern soll langfristig aus einer Hand gemanagt werden. Mit Hamburg und anderen Küstenländern möchten die Grünen unter anderem bei der Landes- und Krankenhausplanung kooperieren. Ein Nordstaat ist in der Partei umstritten. Die Partei will dazu ihre Mitglieder befragen.

Antje Jansen (Die Linke):

Die Linke macht keine Aussagen zu Hamburg oder der Metropolregion. Einen Nordstaat lehnt sie ab.

Wolfgang Kubicki (FDP):

Die FDP setzt auf eine gemeinsame Landesplanung von Schleswig-Holstein und Hamburg und möchte die Auto- und Bahnverbindungen in die Metropole verbessern. Nach dem Willen der Liberalen soll der Flughafen Lübeck eine Kooperation mit dem Hamburger Airport anstreben. Für Hamburg-Fuhlsbüttel wird eine "gleichmäßigere Verteilung von Flugbewegungen auf alle vorhandenen Start- und Landebahnen" gefordert, um den Luftraum über Hasloh und Quickborn zu entlasten. Ein Nordstaat ist für die FDP kein Thema.

Anke Spoorendonk (SSW):

Der SSW setzt sich dafür ein, dass Schleswig- Holstein und Hamburg sich in den Bereichen Landesplanung, Wirtschaftsförderung und Verkehrsplanung enger abstimmen und sich auf gemeinsame Grundsätze verständigen. Die Zusammenarbeit zwischen Hamburg und seinem Umland soll ausgebaut werden. Der SSW warnt zugleich davor, die Wirtschaftspolitik zunehmend auf Hamburg zu fixieren, weil damit eine Spaltung Schleswig-Holsteins drohe. Einen Nordstaat lehnt der SSW als technokratisch, unhistorisch und bürgerfern ab.

Torge Schmidt (Piratenpartei):

Die Piraten wissen noch nicht, ob oder wie stark Schleswig-Holstein und Hamburg kooperieren sollen. Einzige Aussage: In der Verkehrspolitik muss das Land stärker mit Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie mit Dänemark zusammenarbeiten.