Minister de Maizière bestreitet aber Gefahr, die Bundeswehr könnte zur Unterschichtsarmee werden

Hamburg. Den Namen seines Amtsvorgängers erwähnt Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) nicht ein einziges Mal. Das muss er auch nicht. Man kann sich Karl-Theodor zu Guttenberg, der Anfang März wegen der Plagiatsvorwürfe im Zusammenhang mit seiner Promotion zurücktreten musste, gewissermaßen immer mitdenken.

Bei der "Zeit"-Matinee in den Kammerspielen präsentiert sich de Maizière als zurückhaltender Gegenentwurf zu dem CSU-Politiker mit der Neigung zum starken Auftritt. Und de Maizière streut wie nebenbei Sätze wie diesen ein und macht damit den Unterschied zu seinem Vorgänger auch so deutlich: "Der politische Diskurs wird nicht besser, wenn er aufgeblasen wird." Viele der rund 300 Gäste in dem Privattheater im Univiertel dürften das als Anspielung verstanden haben. Sein Prinzip sei es, so de Maizière, die Dinge beim Namen zu nennen. "Im Moment gibt es eher eine Konjunktur für nüchterne Menschen. Das tut der Politik gut." Dafür gibt es kräftigen Beifall.

"Ausgedient - Die Bundeswehr wird zur Freiwilligenarmee" lautete das Thema der Matinee mit "Zeit"-Herausgeber Josef Joffe und "Zeit"-Redakteur Jochen Bittner. De Maizière machte, den eigenen Prinzipien folgend, gar nicht erst den Versuch, die Lage zu beschönigen. Ja, die Entscheidung zur Aussetzung der Wehrpflicht sei sehr kurzfristig erfolgt. Die Bundeswehr sei deswegen nicht richtig darauf vorbereitet gewesen. "Die Bewerberzahlen für den Freiwilligendienst sind ein Problem", sagte de Maizière.

Entschieden wehrte sich der CDU-Politiker gegen den Vorwurf, die Bundeswehr könnte nun zu einer "Unterschichtsarmee" werden, weil der Dienst vor allem für junge Leute attraktiv sei, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chance hätten. Schon geistert das Stichwort von der "Ossifizierung" der Truppe durch die Republik - wegen der hohen Jugendarbeitslosigkeit gerade in Ostdeutschland. "Das ist unerhört", empörte sich de Maizière. Die jungen Leute, die sich für den freiwilligen Dienst meldeten, seien nach dem Fall der Mauer geboren und hätten mit den alten Ressentiments zwischen Ost und West nichts zu tun.

Allerdings machte der Minister deutlich, dass es bei den Freiwilligen nicht nur um körperliche Fitness, sondern auch um "charakterliche Eignung" gehe. "Ich möchte die Mannschaftsdienstgrade danach aussuchen, dass es nicht zu einem Abu Ghraib kommen kann", sagte de Maizière. In dem Bagdader Gefängnis hatten US-Soldaten irakische Gefangene gefoltert und die Szenen fotografiert. Der Minister wehrte sich dagegen, die Bundeswehrreform als historisch zu bezeichnen. "Ob etwas historisch ist, weiß man immer erst hinterher", sagte de Maizière. Die Aufgabe sei "kompliziert und gewaltig - mehr aber auch nicht".

Der CDU-Politiker verteidigte erneut Deutschlands Nichtbeteiligung am Libyen-Einsatz der Nato. "Deutschland hat am wenigsten Nachholbedarf in Sachen Ghaddafi." Der libysche Diktator habe "sein Zelt nicht in Berlin aufstellen" dürfen. Anders als in Paris, aber das sagte de Maizière nicht.