Auch Nichtmitglieder sollen Kanzlerkandidaten wählen

Berlin. Die SPD ist uneins über ihre geplante Parteireform. Während Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier für Pläne der Parteispitze wirbt, die Abstimmung über den Kanzlerkandidaten auch für Nichtmitglieder zu öffnen, kommt aus mehreren Landesverbänden Widerspruch. Der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel warnte im "Spiegel" davor, die Parteimitgliedschaft zu entwerten. "Der umgekehrte Weg ist richtig: Wir müssen uns fragen, wie wir die Mitgliedschaft in der SPD stärken können."

Auch der Berliner SPD-Chef Michael Müller äußerte sich in dem Magazin skeptisch über die Reformpläne: "Wir sollten nicht alles für alle öffnen. Wir haben doch schon Gastmitgliedschaften angeboten und Listen für Nichtmitglieder geöffnet. Das hat uns kein einziges neues Mitglied gebracht."

Fraktionschef Steinmeier sagte der "Welt am Sonntag" dagegen: "Die SPD wird interessanter, wenn sie Nichtmitglieder mitreden und mitentscheiden lässt." Sie müsse darüber nachdenken, wie sie einer "gewissen Ermüdung in der Wählerschaft" und einer wachsenden Wahlenthaltung entgegenwirken könne. Eine offenere, spannendere Kandidatenfindung biete die Chance zu einer Repolitisierung der Bürger. Unterstützung für ihren Reformkurs erhielten SPD-Chef Sigmar Gabriel und Generalsekretärin Andrea Nahles vom baden-württembergischen Parteichef Nils Schmid. "Die SPD als Volkspartei muss ihre Tore weit aufmachen", sagte Schmid im Deutschlandfunk. Die gesellschaftliche Relevanz der SPD habe nachgelassen, daher tue sie gut daran, ihre Personen und Inhalte auch in der Gesellschaft zu prüfen. "Wenn wir eine Machtperspektive haben wollen, dann sollten wir Spitzenpositionen wie Kanzlerkandidaturen in solchen Vorwahlen zur Abstimmung stellen."

Auch Gabriel warb am Wochenende für seine Reformpläne. Reuters-TV sagte er, die Mitglieder müssten mehr Rechte und Einfluss bekommen. "Wir wollen zweitens dafür sorgen, dass die Partei sich öffnet auch zu denen, die vielleicht noch nicht Mitglied sein wollen, aber mitarbeiten wollen." Zudem müsse die Verbindlichkeit in den Führungsgremien verbessert werden.

Die SPD ist zum ersten Mal seit gut 100 Jahren unter die Zahl von 500 000 Mitgliedern gerutscht. Das hatte Gabriel am Freitagabend bei einer Veranstaltung der Hamburger Sozialdemokraten mitgeteilt.