Ex-Minister Guttenberg erklärt, warum er Teile seiner Doktorarbeit abschrieb. Grund seien starke berufliche und familiäre Belastungen.

Hamburg/Bayreuth. Der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat starke berufliche und familiäre Belastungen als Grund dafür genannt, dass er seine Doktorarbeit in Teilen abgeschrieben hat. Das geht aus dem Abschlussbericht der Universität Bayreuth zur Überprüfung der Dissertation hervor, der gestern veröffentlicht wurde. Der CSU-Politiker räumte demnach in einer Stellungnahme gegenüber der Hochschule eine "ungeordnete Arbeitsweise" mit "gelegentlich chaotischen Zügen" ein. All dies habe sich über Jahre in einer Situation abgespielt, in der die - durch die Übernahme neuer beruflicher Tätigkeiten und politischer Ämter entstandene - "vielfache Arbeitsbelastung" ihm teilweise über den Kopf gewachsen sei.

Hinzu gekommen sei die Erwartungshaltung der Familie, die bestehenden Anforderungen erfolgreich zu bewältigen. Ihm sei deutlich gemacht worden, dass die Qualität der unterschiedlichen Engagements keinesfalls leiden dürfe und eine begonnene Arbeit auch zu Ende zu bringen sei. Außerdem habe er seinen Doktorvater Peter Häberle nicht enttäuschen wollen und sich daher nicht durchringen können, die Dissertation zurückzugeben und das Promotionsverfahren zu beenden. "Ich wollte mir eine Schwäche nicht eingestehen", erklärte Guttenberg.

Die Bayreuther Prüfer beeindruckte seine Stellungnahme wenig. Im Abschlussbericht rechnen sie hart mit dem ehemaligen CSU-Shootingstar ab. Guttenberg habe beim Abfassen seiner Doktorarbeit "die Sorgfaltswidrigkeit zum bewussten Arbeitsstil erhoben", sagte der Vorsitzende der Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft", Stephan Rixen. Täuschungen seien in der Arbeit ein "werkprägendes Arbeitsmuster". Die Gutachter der Doktorarbeit werden von dem Bericht dagegen entlastet, sie seien von dem Promovierenden getäuscht worden.

Guttenberg habe dabei immer wieder und "in einem kaum vorstellbaren Ausmaß" Texte übernommen und so getan, als handele es sich um seine eigenen Gedanken. Für die Kommission steht "ein vorsätzliches wissenschaftliches Fehlverhalten von Herrn Freiherr zu Guttenberg außer Frage". Der Stress, den der Ex-Minister zur Entschuldigung anführte, überzeugte die Kommissionsmitglieder nicht. Nach ihrer Ansicht sind viele Promotionsstudenten ähnlichem Druck ausgesetzt, ohne dass sie deshalb Plagiate anfertigen.

Auch das Argument Guttenbergs, er habe im Laufe der Jahre und durch die hohe Belastung durch Arbeit, Familie und Beruf den Überblick verloren, glauben die Prüfer nicht. Man vermöge nicht nachzuvollziehen, so der Bericht, "dass jemand, der über Jahre Quellen für seine Dissertation bearbeitet, derart in einen Zustand der Dauervergesslichkeit gerät, dass ihm die allerorten in seiner Arbeit nachweisbaren Falschangaben vollständig aus dem Bewusstsein geraten". Im Gegenteil: Die Erfahrung zeige, dass eine lange Dissertationszeit zu einer geschärften Aufmerksamkeit mit den Textstellen führe. Dass er unter großem Druck gestanden habe, entlaste den CSU-Politiker nicht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre Meinung über ihren ehemaligen Verteidigungsminister auch nach dem Bericht nicht geändert. Sie nehme die Stellungnahme der Universität sehr ernst, genauso ernst nehme sie aber das, was Guttenberg ihr in "vertraulichen Gesprächen" dargelegt habe, sagte Regierungssprecher Christoph Steegmans. Guttenberg habe mit seinem Rücktritt "tief greifende persönliche Konsequenzen" gezogen. Merkel hatte dem CSU-Politiker noch kurz vor dessen komplettem Rückzug aus der Politik "ausgezeichnete Arbeit" als Minister bescheinigt und gesagt, das sei es, was für sie zähle.

Der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) hält eine Rückkehr Guttenbergs in die Politik trotz der Plagiatsaffäre für möglich. Beckstein sagte in München: "Jeder hat eine zweite Chance verdient." Allerdings werde "das sicher eine gewisse Zeit dauern". Guttenberg sei ein großes Talent. Der frühere CSU-Generalsekretär Thomas Goppel rechnet dagegen nicht mit einem politischen Comeback des Ex-Ministers.