Papst Benedikt XVI. spricht Vorgänger Johannes Paul II. in einer bewegenden Predigt selig. Feierliche Prozession auch in Hamburg

Rom. Papst Benedikt XVI. hat gestern bei einer feierlichen Messe auf dem römischen Petersplatz seinen Vorgänger Johannes Paul II. (1920-2005) seliggesprochen. In Anwesenheit von 1,5 Millionen Gläubigen würdigte er den unerschütterlichen Glauben und die starke Spiritualität des polnischen Kirchenoberhaupts. Wie bei der Trauerfeier für Johannes Paul vor sechs Jahren forderten Gläubige auf dem Petersplatz mit dem Ruf "Santo subito" unterdessen seine umgehende Heiligsprechung. Die Seligsprechung, die in diesem Fall besonders schnell vollzogen wurde, gilt als wichtige Vorstufe zu dieser höchsten Ehre für katholische Glaubenszeugen.

Die Wetterberichte hatten Regen in Rom für diesen Sonntag vorausgesagt. Kaum ein Pilger ist ohne Schirm gekommen. Doch im Moment der Seligsprechung reißt der Himmel auf. Am Ende der Feier werden die Schirme für die Sonne aufgespannt, als Benedikt schon in den Schatten der Basilika entschwunden ist, für ein letztes Gebet und einen Kuss auf den Holzsarg von Johannes Paul II., den ein kostbares altes Evangeliar auf einem Brokatkissen krönt, vor dem Petrusgrab, in einem Bouquet aus roten und weißen Rosen, zwischen einer Ehrenwache von Schweizergardisten in Paradeuniform mit Hellebarde.

Der Papst schaut mit lachenden Augen zu, als die Ordensfrau Marie Simon-Pierre ein Blutreliquiar des neuen Seligen in einer Monstranz aus silbernen Olivenzweigen an den Altar bringt. Sie ist heute die wichtigste Zeugin dieses Rechtsakts der universalen Kirche. Nach einem verzweifelten Hilferuf, mit dem sie Johannes Paul II. anflehte, ist sie im Juni 2005 plötzlich und völlig rückstandslos von der Parkinsonkrankheit geheilt worden, die den Papst selbst in den letzten Lebensjahren immer heftiger gepeinigt hatte. Sie habe in sich "eine unbekannte Kraft gespürt", gab sie dem Ärztekollegium zu Protokoll, das sie schon seit 2001 behandelt hatte, und fühle sich seitdem als eine andere Person. Ein Wunder ist die Voraussetzung für eine Seligsprechung.

Papst Benedikt hat anstrengende Wochen hinter sich, doch als er seine Predigt über "den Duft der Heiligkeit" beginnt, klingt er stark und frisch und zuversichtlich wie schon lange nicht mehr. Warum ist der neue Selige so rasch in das Buch der Kirche eingetragen worden? "Weil es dem Herrn so gefallen hat!", ruft Benedikt: "Johannes Paul II. ist selig!" Seine Predigt ist ein kleiner Abriss der Geschichte des letzten Vierteljahrhunderts. Am Schluss will er auch noch persönlich "Gott danksagen für die persönliche Erfahrung, die er mir gewährt hat, über eine lange Zeit Mitarbeiter des seligen Papstes Johannes Pauls II. gewesen zu sein". Das Leben von Johannes Paul II. sei am Schluss gekrönt worden vom Leid, vom Verstummen, vom Nicht-mehr-weiter-Können - und dem letzten Zeugnis, das er mit diesem Leiden abgelegt habe: "Der Herr hat ihm allmählich alles genommen, doch er ist stets der Fels geblieben, wie Christus es gewollt hat."

Auch im Erzbistum Hamburg feierten Katholiken die Seligsprechung Johannes Pauls II.: Im St.-Marien-Dom in St. Georg kamen mehr als 1000 Menschen zu einem Dankgottesdienst in deutscher und polnischer Sprache unter der Leitung von Weihbischof Norbert Werbs zusammen. Danach ehrten die Gläubigen Johannes Paul II. mit einer ebenso feierlichen wie fröhlichen Prozession zu der seit drei Jahren neben dem Marien-Dom stehenden Statue des nun seligen Papstes.