FDP-Generalsekretär Christian Lindner stellt Betreuungsgeld infrage. Herbe Einschnitte drohen im Arbeitsetat

Berlin. Da hatte FDP-Generalsekretär Christian Lindner wohl noch eine Rechnung mit der CSU offen: In der Debatte um notwendige Einsparungen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte erteilte Lindner jetzt der Einführung des Betreuungsgeldes - ein Herzensanliegen der Christsozialen - eine klare Absage. Außerdem sprach sich Lindner gegen die Anhebung bereits bestehender Sozialleistungen aus. "Angesichts der Haushaltslage müssen Sozialleistungen für einige Zeit auf dem heutigen Niveau eingefroren werden. Neues wie das geplante Betreuungsgeld können wir erst einmal nicht einführen", zitierte die "Bild"-Zeitung den liberalen Chefstrategen.

Die schwarz-gelbe Koalition plant bislang, ab 2013 monatlich 150 Euro an Familien zu zahlen, die unter dreijährige Kinder zu Hause betreuen. Durchgesetzt hatte das in den Koalitionsverhandlungen die CSU. Allerdings war bis zuletzt auch in der Diskussion, alternativ Bildungsgutscheine auszuteilen, um sicherzustellen, dass die Mittel auch tatsächlich den Kindern zugutekommen. Völlig infrage gestellt hatte das Projekt zuletzt in Koalitionskreisen aber öffentlich niemand mehr. In Berlin interpretieren politische Beobachter Lindners Veto gegen das Betreuungsgeld deshalb auch als Reaktion auf die Absage der von der FDP immer wieder eingeforderten Steuererleichterungen für die Bezieher mittlerer Einkommen durch CDU und CSU. Lindner forderte mit Blick auf die Sparklausur der Bundesregierung im Kanzleramt in einer Woche zudem die Einführung einer Mietkostenpauschale für Langzeitarbeitslose. Die Pauschale für Hartz-IV-Empfänger solle sich "am örtlichen Mietniveau orientieren", empfahl er. "Dann ist es egal, wie groß und wie teuer die Wohnung der Betroffenen ist." Aufwendige Beschwerdeverfahren mit unwürdigen Kontrollbesuchen in den Wohnungen der Antragsteller ließen sich so vermeiden.

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kündigte am Freitag allerdings ohnehin "weitere Sparbeiträge" ihres Hauses an. Sie wolle mithelfen, das Ziel zu erreichen, jedes Jahr bis 2016 zehn Milliarden Euro im Bundeshaushalt zur Einhaltung der Schuldenbremse zu sparen - "aber nicht kopflos, sondern mit Bedacht", wie die CDU-Politikerin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte. Dazu sei eine "schonungslose Ausgabenkritik" notwendig. Die am wenigsten wirksamen Ausgaben für die aktive Arbeitsmarktpolitik müssten gestrichen werden, sagte sie. Nach Stichproben wisse sie, dass das etwa ein Fünftel der Fördermaßnahmen sein könnten. Immerhin: Weil derzeit weniger Menschen arbeitslos gemeldet sind als in der Krise befürchtet, braucht die Arbeitsministerin 2011 weniger Geld als erwartet. Die Ausgaben betragen nach ihrer Schätzung nur 139 Milliarden Euro, also sieben Milliarden Euro weniger als ursprünglich geplant. Als Sparbeitrag werde dies Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) allerdings nicht reichen, fügte von der Leyen hinzu.

Der Sozialverband warnte vor Kürzungen bei Arbeitslosen. Die Bundesregierung nehme "ausgerechnet diejenigen ins Visier, die oftmals Opfer der Krise und ihrer Auswirkungen sind", erklärte Präsident Adolf Bauer. Diese würden mit einer Mietpauschale und durch Einsparungen bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik gleich doppelt bestraft. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hubertus Heil, nannte es bezeichnend, "dass die ersten Sparvorschläge der schwarz-gelben Regierung zulasten von Arbeitslosen gehen sollen". Damit würden vor allem die Gruppen getroffen, die es bei der Jobsuche besonders schwer hätten: Jugendliche, Alleinerziehende und ältere Langzeitarbeitslose.

In der Union wuchs unterdessen der Unmut über den FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler. Stein des Anstoßes war ein Bericht der "Süddeutschen Zeitung" mit Details aus Röslers bislang unter Verschluss gehaltenen Konzept zur Einführung von Kopfpauschalen, das derzeit innerhalb der Regierung diskutiert wird. Demnach müssen sich die 50 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung auf Zusatzlasten durch die Einführung einer kleinen Kopfpauschale von bis zu 30 Euro pro Monat einstellen, mit der die Gesundheitskosten stärker von den Arbeitskosten abgekoppelt werden sollen. "Bevor man Beiträge erhöht, müssen zuerst alle Sparmöglichkeiten und Effizienzreserven ausgeschöpft werden", mahnte Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU). Ein Ministeriums-Sprecher wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren. Am Montag will Rösler sein Konzept CSU-Chef Horst Seehofer vorstellen.