Karl-Theodor zu Guttenberg kündigt harte Einschnitte bei Bundeswehr an

Hamburg. Es war der erste Besuch des Bundesverteidigungsministers bei der Führungsakademie in Hamburg-Blankenese, der höchsten Ausbildungsstätte der deutschen Streitkräfte. Und Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nutzte eine Grundsatzrede vor der Kommandeurstagung der Streitkräftebasis nicht nur dazu, die Zukunft der Bundeswehr zu umreißen, sondern um eine haushaltspolitische Bombe platzen zu lassen. Die Bundeswehr, so wurde deutlich, steht vor gravierenden Veränderungen, die massive Einsparungen, Standortschließungen und neue Debatten um die Wehrpflicht mit sich bringen werden.

"Es mag ungewöhnlich klingen, wenn ein Mitglied des Kabinetts an einer Stelle, wo wir uns noch nicht abgestimmt haben, zumindest aus eigener Sicht einmal deutlich macht, was die dramatisch veränderte Finanzlage bedeuten wird", sagte Guttenberg und fuhr fort: "Wir haben diese verschärfte Lage der Finanzen - und der mittelfristig höchste strategische Parameter ist mittlerweile die Schuldengrenze." Das sei "eine bittere Erkenntnis".

Dementsprechend ergebe sich, wenn man die aktuellen Zahlen aus dem Bundesfinanzministerium zugrunde lege, "zwangläufig eine Paradigmen-Umkehr". Der Anspruch "cost to design", also den Rahmen für das Gewünschte vorzugeben und anschließend zu finanzieren, werde "völlig illusionsfrei" durch die Realität des "design to cost" ersetzt werden. Das bedeute, der zur Verfügung stehende Finanzrahmen werde künftig das eigene Anspruchsdenken bestimmen.

"Mit den jetzt bekannten Zahlen - und nicht nur aufgrund koalitionsinterner Träumereien - wird auch der Fortbestand der Wehrpflicht einer Diskussion ausgesetzt." Künftig werde das "Denken vom Einsatz her" maßgeblich sein, sagte Guttenberg mit Blick vor allem auf den Afghanistan-Einsatz. Erst dahinter könnten Elemente der allgemeinen Sicherheitsvorsorge erhalten bleiben. Deren Umfang werde "nun absolut dadurch bestimmt, was die Bundesrepublik Deutschland leisten kann beziehungsweise leisten will".

Guttenberg sagte dem Abendblatt, mancher Auftrag werde auch "einer Neudefinition zu unterwerfen sein". Das gelte allerdings nicht für laufende Einsätze. Vor dem Hintergrund der jetzt bekannten Zahlen werde es eine "muntere Diskussion" um das Standortkonzept von 2004 geben, sagte Guttenberg voraus. "Regionalpolitische Gesichtspunkte werden dabei leider nicht Priorität haben". Standorte "unter einer gewissen Dienstpostenzahl" seien als minder wirtschaftlich einzuordnen. Mit anderen Worten: Sie werden dann in der Regel geschlossen werden.

"Die Sparbereitschaft hört allerdings dort auf, wo die Grundfragen nationaler Sicherheit und vor allem unsere Einsätze berührt sind - und damit die Gesundheit und das Leben unserer Soldaten", sagte Guttenberg.

Er sei zu entsprechenden Schritten bereit - "soweit auch die Spitze der Bundesregierung und das Bundesfinanzministerium diese Schritte mittragen", sagte der Minister. "Ich bin sehr gespannt, wie mutig diese Schritte insgesamt bei uns allen ausfallen. Und es wird sicherlich auch interessant sein, wie wir nach einer Regierungsklausur in Meseberg uns aufgestellt haben."