Ministerpräsident Stefan Mappus treibt die Regierung vor sich her

Berlin. Raubein, Rambo, Poltergeist, Haudrauf - gerade hat Stefan Mappus seine ersten 100 Tage als Ministerpräsident von Baden-Württemberg gefeiert, doch die Liste der Kampfnamen, die dem CDU-Politiker bislang verpasst wurden, hat bereits beachtliche Ausmaße.

In kürzester Zeit hat es der Regierungschef geschafft, sich aus der süddeutschen Provinz ins politische Bewusstsein der Bundesbürger vorzukämpfen. Das hat der 44-Jährige seinem vehementen Einsatz für längere Laufzeiten für Atomkraftwerke zu verdanken - und einem Tonfall, der zuweilen so forsch klingt, wie die Deutschen das bisher nur von Hessens Ministerpräsidenten Roland Koch gewohnt waren.

Dass Mappus kein Mann der leisen Töne ist, musste Anfang der Woche Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) erfahren: Der hatte sich erlaubt, eine Beteiligung des Bundesrats an längeren Laufzeiten zu fordern, obwohl das Kanzleramt möglichst darauf verzichten wollte - und sich umgehend Mappus Zorn zugezogen. "Ich bin nicht mehr bereit, die Eskapaden des Bundesumweltministers zu akzeptieren", wetterte er. Der bullige Mann aus Pforzheim setzte noch eins drauf: Er erwarte, dass von nun an die Kanzlerin Röttgen zurückpfeife.

Wer ist dieser Stefan Mappus, der es wagt, der Bundeskanzlerin Ultimaten zu stellen und die Bundesregierung frontal anzugehen? Trifft man Mappus, dann begegnet man einem Mann mit spitzbübischem Lächeln, ruhig im Ton. Neue Attacken gegen Merkel sind ihm nicht zu entlocken. "Ihm geht es um die Sache, er kann es nicht leiden, wenn jemand seine Entscheidungen von einem Tag auf den anderen revidiert", sagt ein Vertrauter. "Er betreibt Politik aus Leidenschaft, da darf ihm alle 100 Tage mal die Hutschnur hochgehen."

Vor 25 Jahren trat Mappus in die CDU ein, arbeitete sich im Eiltempo vom Gemeinderat hoch zum Umwelt- und Verkehrsminister. Stefan Mappus sei eine "Dampfmaschine", sagte Ex-Ministerpräsident Lothar Späth einmal auf einer Veranstaltung. Vorne saß Mappus - und grinste geschmeichelt.

2005 übernahm Mappus die Führung der CDU-Fraktion im Stuttgarter Landtag und wurde zum politischen Einpeitscher des damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger. Als der ankündigte, EU-Energiekommissar werden zu wollen, wählte die schwarz-gelbe Koalition Mappus zum jüngsten deutschen Ministerpräsidenten. Am 10. Februar 2010 bezog er seinen Amtssitz, die Villa Reitzenstein hoch über den Dächern Stuttgarts.

"Aus der Rolle des Fraktionschefs, der in der Landespolitik den Wadenbeißer geben muss, ist er aber nie herausgekommen", glaubt Claus Schmiedel, SPD-Fraktionschef in Baden-Württemberg. Zwischenmenschlich komme er aber gut mit Mappus aus. "Er ist halt ein Kumpeltyp. Oettinger war immer sehr verschlossen und vorsichtig."

Eigentlich könnte Mappus sich entspannt zurücklehnen: Baden-Württemberg ist seit Jahrzehnten Stammland der CDU. Aber Abwarten ist Mappus' Sache nicht. In zehn Monaten finden Landtagswahlen statt, und noch immer liegen ungelöste Probleme wie die Laufzeitverlängerung oder der Schuldenabbau mitten auf dem politischen Spielfeld. "40 Prozent plus X" hat er als selbstbewusste Parole ausgegeben, doch der CDU-Absturz in Nordrhein-Westfalen macht die Baden-Württemberger nervös. "Sie können sich nicht völlig loseisen von einem Bundestrend", so Mappus. Deswegen will er raus und stürmen. Wer da nicht in die richtige Richtung läuft, riskiert auch mal einen Rempler. Norbert Röttgen wird nicht der Letzte sein, der das erfahren hat.