Opposition sieht Zustimmungspflicht des Bundesrates

Hamburg. SPD und Grüne bestehen darauf, dass die Bundesländer einer Änderung des Atomausstiegsgesetzes zustimmen müssen. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Jürgen Trittin, warnte die Regierung davor, den Bundesrat bei einem geplanten Ausstieg aus dem Atomausstieg zu übergehen. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hatte im Abendblatt darauf gedrungen, trotz der verlorenen Wahl in Nordrhein-Westfalen die Laufzeiten der Atomkraftwerke zu verlängern. Schwarz-Gelb habe zwar keine Mehrheit mehr im Bundesrat. Die Laufzeitverlängerung bedürfe aber nicht dessen Zustimmung.

Grünen-Fraktionschef Trittin sagte, es handele sich ausgerechnet um "jene Ministerpräsidenten, die sonst wegen jedem Pipifax eine Zuständigkeit des Bundesrates reklamieren und damit Deutschland immer wieder an den Rand der Unregierbarkeit bringen." Bei Regierungschefs wie denen aus Hessen, Bayern und Baden-Württemberg "endet die Liebe zum Föderalismus bei den Interessen der Atomkonzerne Vattenfall, RWE, E.on und EnBW". Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Kelber nannte den Vorstoß von Koch einen "hanebüchenen Versuch, die Verfassung zu umgehen". Dem Abendblatt sagte Kelber, die Rechtslage sei eindeutig: "Auch der NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hat die Zustimmung der Länder gefordert. Außerdem hat das Bundesumweltministerium von einer Zustimmungspflicht gesprochen."

Dem Abendblatt liegt ein Dokument mit dem Titel "Strategie- und Schrittfolgepapier Kernenergie" vor, in dem Koch und sein damaliger baden-württembergischer Kollege Günther Oettinger im September 2009 eine Laufzeitverlängerung vorgeschlagen haben. Die Autoren des Konzepts sind sich allerdings keineswegs sicher, ob eine Gesetzesänderung am Bundesrat vorbei ohne Probleme bliebe. Das Atomgesetz sei "wegen seiner weitreichenden Bedeutung für die Länder im Grundsatz ein Zustimmungsgesetz". Es spreche zwar mehr dafür, dass eine Änderung auch ohne die Bundesländer möglich sei, doch "könnte eine rechtliche Auseinandersetzung über die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit zur Angreifbarkeit des Gesetzes führen."