Ehemaliger Verteidigungsminister schreibt Buch und lernt Klavier

Hamburg. Eigentlich wollte Peter Struck ja auf seinem Motorrad vorfahren. Er hätte dann in Ledermontur und Stiefeln auf der Bühne der Körber-Stiftung gestanden und über Ausstiegsszenarien der Bundeswehr in Afghanistan diskutiert. Seine Frau habe es ihm dann verboten, sagt er. Das sei doch nicht angemessen, habe sie gemeint.

Es ist einer dieser wenigen Termine, die Peter Struck (SPD) noch einmal rausreißen aus dem Leben eines Politik-Ruheständlers. Struck kommt im dunkelblauen Anzug, im weißen Hemd und einer lila Krawatte auf die Bühne. Er ist in den nächsten zwei Stunden noch einmal Verteidigungsminister. Er hat auf seine Frau gehört.

Wie damals 2002, als er in Gerhard Schröders Reihenhaus in Hannover saß und Bier trank. Weil Rudolf Scharping gerade über die Swimmungpool-Affäre stolperte, wollte Schröder Struck als neuen Verteidigungsminister. Struck sagte: Auf keinen Fall, schon wegen seiner Frau nicht. Doris Schröder-Köpf rief sie an. Danach rief er sie wieder an. Für und Wider. Irgendwann sagte Struck: Okay, ich mache es. Heute sagt er: "Das Amt des Verteidigungsministers war meine schönste Zeit."

Die schönste einer langen Zeit. 30 Jahre war Struck im politischen Geschäft - vom Stadtrat in Uelzen bis zuletzt, als er noch einmal fünf Jahre Chef der Bundestagsfraktion der SPD wurde.

Vor allem aber mit einem Satz wird Struck immer in Verbindung bleiben: "Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt." Damit gab er Ende 2002 als Verteidigungsminister die Richtlinie für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan vor. "Wir können jetzt nicht aus Afghanistan abziehen, weil dann die Taliban sofort wieder die politische und militärische Macht übernehmen würden", sagt Struck in der Podiumsdebatte im Körber-Forum in der HafenCity. 300 Menschen sind gekommen, viele Soldaten sitzen in ihren Uniformen in den ersten Reihen. Struck gegenüber steht der Publizist Roger Willemsen und redet ziemlich aufgeregt über die naive Strategie der Alliierten am Hindukusch, über die vielen toten Zivilisten und einen Krieg, der nicht mehr zu gewinnen sei. Struck hört zu, mit unbewegter Miene und antwortet ruhig und pragmatisch. Willemsen ist an diesem Abend der emotionale Kritiker, Struck der rationale Politiker.

Er ist nicht deshalb zu der Veranstaltung gekommen, weil er eine Exit-Strategie für Afghanistan parat hat. Er ist vor allem da, weil er wusste, dass Soldaten im Publikum sitzen werden. Und wenn er in der Diskussion über ihre Mission am Hindukusch spricht, nennt er sie "meine Soldaten". Noch immer.

"Die Bundeswehr ist mir ans Herz gewachsen", sagt Struck. "Ich wollte den Soldaten mit der Teilnahme hier auch zeigen, dass da jemand zu ihnen steht. Dass ich ihre Arbeit in Afghanistan schätze und unterstütze."

Und auch er hat sich eine persönliche Exit-Strategie zurechtgelegt - für den Abschied aus seinem politischen Leben, weil das manchen Politikern so schwerfällt wie Fußball-Profis nach etlichen Jahren Leistungssport. Peter Struck schreibt gerade an einem Buch über seine Jahre in der rot-grünen und später in der Großen Koalition. Und er wolle gerne Klavierspielen lernen. Vielleicht werde er in nächster Zeit auch noch einmal nach Afghanistan reisen, zu einem Besuch bei der Bundeswehr an den Hindukusch. Zu seinen Soldaten.