125.000 Dauerteilnehmer werden zum Kirchentag erwartet. Am ersten Tag waren die Skandale in der katholischen Kirche ein wichtiges Thema.

München. Mit Aufrufen, in der tiefen Vertrauenskrise der Kirche neue Signale christlicher Hoffnung zu setzen, hat in München der 2. Ökumenische Kirchentag begonnen. Angesichts der Missbrauchsskandale mahnte Papst Benedikt XVI. in einem schriftlichen Grußwort, sich nicht von der Kirche abzuwenden – sie sei ein Ort der Hoffnung. Bundespräsident Horst Köhler verwies auf die großen Verdienste der Kirchen für eine soziale und humane Welt. An den drei Eröffnungsgottesdiensten unter freiem Himmel nahmen nach Veranstalterangaben 80.000 Menschen teil.

Auch die Präsidenten des Ökumenischen Kirchentages, Alois Glück und Eckhard Nagel, ermutigten vor dem zentralen Eröffnungsgottesdienst am Mittwochabend auf der Theresienwiese zu christlichem Zeugnis. „So wichtig es ist, die Skandale vollständig aufzudecken: Wir müssen die Bandbreite des kirchlichen Lebens, das soziale Engagement der Christen wieder in den Mittelpunkt stellen“, sagte Nagel.

Beim zentralen Eröffnungsgottesdienst auf der Münchner Theresienwiese appellierte Bayerns evangelischer Landesbischof Johannes Friedrich an alle Christen, auch angesichts der vielen Probleme in aller Welt nicht ihren Mut zu verlieren. Der katholische Münchner Erzbischof Reinhard Marx rief die Christen dazu auf, sich in der Gesellschaft einzumischen. „Die Welt wird nicht besser, wenn wir uns ins Kämmerlein zurückziehen, sondern indem wir dort dabei sind, wo wir gefragt sind“, sagte Marx. Papst Benedikt wandte sich in seiner Botschaft direkt an die Kirchentagsteilnehmer: „Ihr wollt inmitten einer schwierigen Zeit ein Signal der Hoffnung in die Kirche und in die Gesellschaft senden. Dafür danke ich euch sehr. Denn unsere Welt braucht Hoffnung.“. Benedikt verurteilte erneut die Missbrauchskandale , ohne das Wort zu benutzen: „Es gibt das Unkraut gerade auch mitten in der Kirche und unter denen, die der Herr in besonderer Weise in seinen Dienst genommen hat.“

Rund 125.000 Dauerteilnehmer haben sich zu dem größten Christentreffen Europas in diesem Jahr angemeldet. Es steht unter dem Bibelwort „Damit ihr Hoffnung habt“. Das Programm umfasst rund 3000 Veranstaltungen zu politischen und religiösen Themen. Es werden zahlreiche Bundespolitiker erwartet, an diesem Freitag kommt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Zur Missbrauchsthematik sind beim Kirchentag vier Veranstaltungen vorgesehen. Man wolle offensiv und in klarer Sprache die Problematik ansprechen, sagte Glück. Köhler beklagte, dass in der katholischen Kirche Führungsversagen, Missbrauch, Misshandlung zu einer großen Krise geführt haben. „Viel Gläubige schämen sich.“ Zugleich dürften nicht die großen Verdienste der beiden großen Kirchen vergessen werden. Köhler ermutigte sie, noch mehr aufeinander zuzugehen. Nur in ökumenischer Gesinnung und in Zusammenarbeit könnten die Christen ein starkes Zeugnis ihres Glaubens geben.

Zugleich bleibt die strittige Frage eines gemeinsamen Abendmahls eine Trennlinie zwischen Katholiken und Protestanten. Im Wunsch nach Fortschritten in der Ökumene könne es nicht bei unverbindlichen Appellen bleiben, betonte Nagel mit Blick auf die Abendmahlsfrage. „Unsere Kirchenleitungen müssen sich intensiver engagieren.“ Am Rande des 1. Ökumenischen Kirchentags 2003 in Berlin hatte es Ärger um gemeinsame Abendmahlsfeiern gegeben. Erzbischof Marx betonte vor diesem Hintergrund, dass in München die Regeln der jeweiligen Kirchen beachtet und gegenseitig respektiert werden müssten. Weil ein gemeinsames Abendmahl wegen der theologischen Unterschiede nicht möglich ist, wird an diesem Freitag eine orthodoxe Vesper gefeiert: An 1000 Tischen wird Brot gesegnet, dazu gebetet und gesungen.

Unter dem Motto „Abend der Begegnung“ waren die Münchner nach den Eröffnungs-Gottesdiensten in der Innenstadt zu einem großen Straßenfest eingeladen. Zum Abschluss des Abends hatten die Veranstalter zu einem Lichtermeer mit Kerzen und Segen aufgerufen. Der 2. Ökumenische Kirchentag wird ausgerichtet von den Laienorganisationen Deutscher Evangelischer Kirchentag (DEKT) und dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK).