Paris. Ein blutiger Anschlag während des Weihnachtsmarkts 2018 traumatisierte Straßburg. Nun hat ein Gericht Helfer des islamistischen Angreifers verurteilt. Heilt das die Wunden in der Stadt?

Der verheerende Anschlag eines Islamisten während des Weihnachtsmarkts in Straßburg vor über fünf Jahren traumatisierte die Elsassmetropole nachhaltig - nun hat ein Pariser Schwurgericht einen Helfer des Täters zu 30 Jahren Haft verurteilt. Mit der Beschaffung von Waffen habe der 42-jährige Hauptangeklagte dem Täter, dessen islamistische Radikalisierung ihm bekannt war, bei der Umsetzung seiner Terrorpläne geholfen, urteilte das Gericht. Zwar habe der Angeklagte von dem Terrorvorhaben seines Bekannten gewusst, sei aber selber nicht Mittäter geworden, befand das Gericht.

Bei dem Anschlag waren 2018 fünf Menschen getötet und elf weitere verletzt worden. Die Panik und der Schrecken von damals wurden während des fünfwöchigen Prozesses mit Dutzenden Nebenklägern und Angehörigen der Opfer wieder greifbar.

Haftstrafen auch für weitere Helfer

Zwei weitere Angeklagte, die ebenfalls beim Besorgen von Waffen halfen, ohne von den Anschlagsplänen zu wissen, verurteilte das Gericht zu Haftstrafen von vier und fünf Jahren. Da sie bereits längere Zeit in Untersuchungshaft verbracht haben, wurde die verbleibende Strafe zur Bewährung ausgesetzt beziehungsweise kann sie mit einer Fußfessel unter Hausarrest verbüßt werden. Ein weiterer Angeklagter wurde freigesprochen. Eine Berufung gegen die Urteile ist möglich.

Die Staatsanwaltschaft hatte für den Hauptangeklagten 30 Jahre Haft, für die beiden anderen nun Verurteilten fünf Jahre Haft und für den vierten Angeklagten einen Freispruch gefordert. Die Verteidigung hatte für den von der Elfenbeinküste stammenden Hauptangeklagten auf eine mildere Strafe und für die übrigen Angeklagten auf Freispruch plädiert.

Attentäter löste blanke Panik in Straßburgs Straßen aus

Der Islamist Chérif Chekatt hatte am Abend des 11. Dezember 2018 im vorweihnachtlichen Trubel in Gassen und auf Plätzen teils unter „Allahu Akbar“-Rufen („Gott ist groß“) Menschen mit einer Schusswaffe und einem großen Messer angegriffen. Während seines blutigen Streifzugs durch die Stadt, in deren Straßen sich zunehmend blanke Panik ausbreitete, versuchten mehrere Musiker, den Angreifer zu stoppen. Es kam zu einem Schusswechsel mit den zum Schutz des Weihnachtsmarkts eingesetzten Militärkräften. Aber Chekatt gelang zunächst die Flucht mit einem Taxi. Zwei Tage später wurde er nach einer Großfahndung im französisch-deutschen Grenzgebiet bei einem Schusswechsel mit Beamten in Straßburg getötet.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich. Chekatt hatte dem IS in einem Video seine Treue geschworen. Der vielfach vorbestrafte Angreifer mit nordafrikanischen Wurzeln soll sich im Gefängnis radikalisiert haben und war den Behörden als islamistischer Gefährder bekannt. Wie die nun Verurteilten hatte er einen kleinkriminellen Hintergrund.

Nur Stunden vor dem Anschlag waren bei einer Durchsuchung seiner Wohnung Waffen gefunden worden - darunter Granaten und Messer. Die Polizei hatte den 29-Jährigen wegen eines versuchten Tötungsdelikts festnehmen wollen, der Mann war aber nicht zu Hause. Sein Vater informierte ihn über das Anrücken der Polizei - daraufhin entschloss Chekatt sich dann offensichtlich, seinen ohnehin geplanten Anschlag am selben Abend zu verüben.

Hunderte Augenzeugen wurden traumatisiert

Über die getöteten und verletzten Opfer hinaus wurde auch eine größere Zahl unmittelbarer Augenzeugen schwer traumatisiert. Rund 1000 Menschen nahmen nach dem Anschlag psychische Hilfsangebote in Anspruch, etliche sind weiterhin in Behandlung.

Der Anschlag in Straßburg reihte sich in eine Serie von islamistischen Terrorattacken, die Frankreich in den vergangenen Jahren erschütterten und bei denen rund 250 Menschen aus dem Leben gerissen wurden. Frankreich als Nation wurde dadurch nachhaltig traumatisiert.

Die Urteile in dem Prozess fallen nun in eine Zeit, in der in Frankreich erneut die höchste Terrorwarnstufe gilt. Bereits im Herbst war der Terror wieder als reale Gefahr in den Fokus gerückt, als ein radikalisierter Islamist in einer Schule im Norden einen Lehrer erstach. Und Sicherheitsfragen hinsichtlich der Olympischen Spiele im Sommer stellten sich, nachdem ein Islamist Anfang Dezember nahe dem Eiffelturm einen Deutschen tötete und zwei weitere Menschen verletzte.