Taipeh. Vor der Taiwan-Wahl erhebt der Kandidat der Regierungspartei schwere Vorwürfe gegen China. Später tut es ihm der Außenminister gleich - als plötzlich Handy-Warnmeldungen für Unruhe sorgen.

In den Spannungen zwischen China und Taiwan hat der Präsidentschaftskandidat der taiwanischen Regierungspartei Peking vorgeworfen, den laufenden Wahlkampf gestört zu haben. China habe sich schon immer in Wahlen in Taiwan eingemischt, sagte William Lai von der Demokratischen Fortschrittspartei. „Aber diesmal war es am gravierendsten.“ Vor dem Votum habe China militärische Einschüchterung, Druck auf die Wirtschaft, psychologische Kriegsführung und Desinformation als Strategie eingesetzt.

Mehr als 19 Millionen Menschen in Taiwan sind an diesem Samstag aufgerufen, einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament zu wählen. Taiwans Außenminister Joseph Wu warf China vor, die Insel als Testgebiet zu nutzen. „Wenn sie es schaffen, die Ergebnisse der Taiwan-Wahl umzuformen, werden sie versuchen, diese Taktiken auf andere Länder anzuwenden.“ Wenn China so daran interessiert sei, mit demokratischen Wahlen zu spielen, sollten sie anfangen, ihre eigenen demokratischen Wahlen abzuhalten, meinte der Außenminister.

Während Wus Pressekonferenz sorgten Handy-Warnungen über einen in China gestartete Satelliten für Aufregung, da auf Englisch von einer „Rakete“ die Rede war. Die taiwanischen Behörden korrigierten diese Angabe später. China startet öfter Satelliten ins All.

Spionageballons über Taiwan

Seit dem 1. Januar hat Taiwans Militär neben Kampfjets und Kriegsschiffen auch 20 Ballons der chinesischen Volksbefreiungsarmee in seinem Gebiet festgestellt, von denen etwa die Hälfte über die Insel geflogen sind. Taiwanische Politiker warfen Peking vor, damit vor den Wahlen Angst verbreiten zu wollen.

Chinas Außenministerium nahm zu den Ballons keine Stellung. Am Dienstag verwies ein Sprecher darauf, dass Taiwan ein untrennbarer Teil Chinas sei. Die Wahl sei eine innerchinesische Angelegenheit. Seit Jahrzehnten hat die Inselrepublik mit mehr als 23 Millionen Einwohnern allerdings eine unabhängige Regierung. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping strebt eine Wiedervereinigung an.