Washington. Darf Trump nach dem Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol erneut als Präsident antreten? Seine Gegner argumentieren, er habe dieses Recht verspielt. Nun nimmt sich der Supreme Court der Frage an.

Das Oberste Gericht der USA schaltet sich in den juristischen Streit um die Teilnahme Donald Trumps an den Vorwahlen für die republikanische Präsidentschaftskandidatur ein. Der Supreme Court teilte am Nachmittag (Ortszeit) mit, es werde einen entsprechenden Antrag des früheren US-Präsidenten und aktuellen Präsidentschaftsbewerbers aufgreifen. Der Fall soll am 8. Februar in der Hauptstadt Washington verhandelt werden.

Trump hatte sich an das Gericht gewandt, um einen Beschluss aus dem Bundesstaat Colorado zu kippen, wonach er sich aufgrund seiner Rolle in Verbindung mit der Attacke auf das US-Kapitol 2021 für die Vorwahl disqualifiziert habe. Trump-Gegner argumentieren mit Klagen im ganzen Land, der Republikaner habe sein Recht verspielt, erneut als Präsident zu kandidieren. Eine ähnliche Entscheidung wie in Colorado fällte zuletzt auch die oberste Wahlaufseherin im Bundesstaat Maine. In Michigan und Minnesota scheiterten indes Versuche, Trump zu disqualifizieren. Anderswo laufen noch entsprechende Klagen.

Aufgrund der unterschiedlichen Beschlüsse galt es als sehr wahrscheinlich, dass der Vorwahl-Streit letztlich vor dem Supreme Court landen würde. Eine inhaltliche Entscheidung des Obersten Gerichts für die Vorwahl in Colorado dürfte auch offene Fälle in anderen Bundesstaaten klären, da die Argumentation der Kläger überall die gleiche ist.

Das sind die Hintergründe

Trump will bei der nächsten US-Präsidentenwahl Anfang November erneut für die Republikaner kandidieren. Wer als Präsidentschaftskandidat für die Republikaner oder die Demokraten antreten will, muss sich zunächst in parteiinternen Vorwahlen durchsetzen. Kläger versuchen seit einiger Zeit in diversen Bundesstaaten, Trumps Teilnahme an den Vorwahlen zu verhindern und den Namen des 77-Jährigen von Wahlzetteln streichen zu lassen.

Am 6. Januar 2021 hatten Trump-Anhänger gewaltsam den Parlamentssitz in Washington gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Joe Biden gegen Trump bei der Präsidentenwahl von 2020 formal zu bestätigen. Trump hatte seine Anhänger zuvor bei einer Rede durch unbelegte Behauptungen aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg durch massiven Betrug gestohlen worden sei. Infolge der Krawalle kamen damals fünf Menschen ums Leben.

In ihren Klagen berufen sich die Trump-Gegner auf das sogenannte Aufstandsverbot im 14. Verfassungszusatz. Demnach darf niemand ein höheres Amt im Staat bekleiden, der sich zuvor als Amtsträger an einem Aufstand gegen den Staat beteiligt hat. Zwar werden in der Passage einige Beispiele für solche höheren Ämter genannt, das Amt des Präsidenten ist aber nicht explizit aufgeführt.

Trumps Anwälte argumentieren in ihrem Antrag an den Supreme Court dagegen, das Gericht in Colorado habe seine Befugnisse überschritten. Die Frage nach der Tauglichkeit eines Präsidenten sei eine Angelegenheit für den US-Kongress und nicht für staatliche Gerichte. Der Verfassungszusatz, auf den sich die Kläger berufen, sei im Falle Trumps nicht anwendbar. Trumps Wahlkampfteam wertete die Gerichtsentscheidung aus Colorado als „unamerikanischen, verfassungswidrigen Akt der Wahleinmischung“.

So geht es weiter

Die Zeit drängt. Wenn der Fall am 8. Februar vor dem Supreme Court verhandelt wird, haben die Vorwahlen der Republikaner in einigen Bundesstaaten bereits stattgefunden. In Colorado und Maine stehen sie am 5. März an - dem sogenannten Super Tuesday. Dann wird in einer ganzen Reihe von Bundesstaaten abgestimmt. Die Wahlzettel werden mit einigem Vorlauf gedruckt.

Für die Demokraten will Biden für eine zweite Amtszeit ins Rennen gehen. Er hat dabei keine ernstzunehmende interne Konkurrenz. Bei den Republikanern liegt Trump im Feld der parteiinternen Präsidentschaftsbewerber in Umfragen mit großem Abstand vorne.

Während seiner Amtszeit hatte Trump die Mehrheit am Obersten US-Gericht deutlich nach rechts verschoben. Sechs der neun Richterinnen und Richter gelten inzwischen als konservativ. Dennoch entschied das Oberste Gericht nicht immer in seinem Sinne. Neben dem juristischen Streit über seine Teilnahme an den Vorwahlen stehen dem Republikaner in den kommenden Monaten auch mehrere große Gerichtsverfahren wegen diverser strafrechtlicher Vorwürfe bevor - unter anderem wegen des Kapitol-Sturms und seiner Versuche, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 nachträglich umzukehren.