Washington. Ex-US-Präsident Donald Trump macht öffentlich, dass Anklage gegen ihn erhoben wurde - schon wieder. Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Verfahren.

Seit Monaten hat Sonderermittler Jack Smith einen der heikelsten Jobs in der Justizgeschichte der Vereinigten Staaten: Der Staatsanwalt führt Ermittlungen gegen den früheren Präsidenten Donald Trump - unter anderem in der Affäre um Geheimdokumente der Regierung. Solche Unterlagen hat Trump nach seiner Zeit im Weißen Haus in seinem Anwesen in Florida aufbewahrt. Ein Geschworenengremium, eine sogenannte Grand Jury, ist nun zu dem Schluss gekommen, dass es ausreichende Hinweise für eine Straftat gibt. Worum es genau geht - und was noch unbekannt ist:

Was wissen wir über die Anklagepunkte?

Am Freitag ist die Anklageschrift mit sieben Kategorien von Vergehen veröffentlicht worden. Trump ist demnach unter anderem wegen des Sammelns, Übermittelns oder Verlierens von Informationen zur Verteidigung der USA angeklagt. Dieser Punkt fällt unter das US-Spionagegesetz und kann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. Es ist möglich, dass dieser Straftatbestand auf jedes der betreffenden Dokumente einzeln angewendet wird. Um eine Verurteilung bei diesem Anklagepunkt zu erwirken, müsste die Staatsanwaltschaft nachweisen, dass die Dokumente der Verteidigung der USA dienen und ihre Veröffentlichung zum Beispiel einem ausländischen Gegner helfen könnte.

Die US-Justiz wirft Trump unter anderem auch Verschwörung zur Behinderung der Ermittlungen und Falschaussagen vor. Bei ersterem müsste die Staatsanwaltschaft für eine Verurteilung etwa aufzeigen, dass Trump sich vorsätzlich der Aufforderung des Justizministeriums zur Herausgabe der Dokumente widersetzt hat.

Welche Konsequenzen muss Trump fürchten?

Letztlich kann sich ein solches Verfahren über Jahre hinziehen. Sollte der Republikaner verurteilt werden, droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe. Trotz Anklage kann Trump bei der Präsidentenwahl 2024 für seine Partei kandidieren. Auch eine Verurteilung hat juristisch gesehen nicht zwangsläufig zur Folge, dass Trump das Amt des US-Präsidenten nicht noch einmal ausüben könnte. Einen Präsidenten, der hinter Gittern sitzt, hat es in der US-Geschichte allerdings noch nicht gegeben - hier dürfte es zumindest praktische Hürden geben.

Es gibt außerdem ein Bundesgesetz, das jedem verbietet, der wegen der willentlichen Entfernung von Regierungsunterlagen verurteilt wurde, ein politisches Amt auszuüben. Der entsprechende Straftatbestand findet sich nicht in der Anklageschrift. Ohnehin müsste eine Verurteilung in diesem Zusammenhang nichts heißen. Denn in der US-Verfassung steht nichts über die Mitnahme von Regierungsdokumenten als Ausschlusskriterium für ein politisches Amt. Einige Fachleute argumentieren, dass die Verfassung Bundesgesetze aussticht - Gerichte würden das letzte Wort haben.

Sonderermittler Smith untersucht auch Trumps Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol - hier gibt es bisher keine Anklage. Mit Blick auf die Frage nach dem Ausschluss von politischen Ämtern ist dies aber der spannendere Fall, denn Trump könnte wegen des seltenen Straftatbestands der Aufruhr angeklagt und verurteilt werden. Laut Verfassung sind all jene von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, die sich an einem Aufstand gegen die Regierung beteiligt haben.

Was macht die Anklage in der Affäre so besonders?

Trump ist bereits vor einigen Wochen im US-Bundesstaat New York im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar angeklagt worden. Dieser Fall markierte das erste Mal in der US-Geschichte, dass ein Präsident sich wegen einer Straftat vor Gericht verantworten muss. Dennoch ist die Anklage in der Geheimdienstaffäre wieder historisch. Denn noch nie wurde ein Ex-Präsident auf Bundesebene angeklagt. Anklagen auf Bundesebene werden häufig mit härteren Strafen geahndet, da es hier um nationale Interessen geht.

Wie genau geht es für Trump nun weiter?

Trump soll am Dienstag um 15.00 Uhr (Ortszeit) einem Richter an einem Bundesgericht in Miami im US-Bundesstaat Florida vorgeführt werden. Er hat eine Vorladung erhalten - keinen Haftbefehl. Bei dem Termin wird die Anklage verlesen. Dabei wird der Angeklagte formell über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe informiert und hat dann in der Regel die Möglichkeit, zum Beispiel auf „nicht schuldig“ oder „schuldig“ zu plädieren. Es ist davon auszugehen, dass Trump sich für „nicht schuldig“ aussprechen wird, denn er bestreitet die Vorwürfe.

Der Richter entscheidet bei diesem Termin auch darüber, ob der Angeklagte bis zum Prozessbeginn festgehalten wird - etwa wenn Fluchtgefahr oder eine Gefahr für die Allgemeinheit besteht. Davon ist Fachleuten zufolge im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Der Richter setzt dann auch die weiteren Gerichtstermine fest.

Warum passiert das in Miami?

Die Staatsanwaltschaft hätte Trump wohl auch in der US-Hauptstadt Washington anklagen können. Die geheimen Dokumente wurden aber in Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Florida gelagert - daher war auch Florida eine Option. Im liberalen Washington besteht eine größere Chance auf eine den Demokraten näher stehende Geschworenenjury als im konservativeren Florida. Trumps Anwälte hätten Washington als Ort für den Prozess mit ziemlicher Sicherheit direkt angefochten. Die Staatsanwaltschaft wollte dies wohl vermeiden. Eine von Trump nominierte Richterin ist nun vorerst für den Fall zuständig. Aileen Cannon hatte zu Beginn der Ermittlungen in der Geheimunterlagen-Affäre bereits zu Trumps Gunsten entschieden.

Was für juristische Probleme könnten auf Trump zukommen?

Der Prozess im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar soll im März 2024 in New York beginnen. Ermittlungen des Sonderermittlers Smith gegen Trump laufen neben denen zum Sturm auf das Kapitol auch zu Trumps Rolle bei den Bemühungen, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 zu beeinflussen. Auch hier könnte es zu einer Anklage kommen. Im Bundesstaat Georgia ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Trump zudem wegen möglicher Wahlmanipulation.