Washington. Die Verhandlungen um einen Kompromiss im US-Schuldenstreit sind kaum abgeschlossen, da steht die nächste Hürde an. Im Repräsentantenhaus muss Republikaner McCarthy beweisen, dass seine Partei hinter ihm steht.

Die Abstimmung über den Kompromiss zum Abwenden einer Staatspleite der USA ist zur Bewährungsprobe für den republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, geworden.

Der zuständige Ausschuss machte am Dienstagabend den Weg für ein Votum über die parteiübergreifende Einigung in der Parlamentskammer frei - allerdings stellten sich zwei der neun Republikaner in dem Gremium gegen das Vorhaben. Über den Entwurf sollte am Mittwochnachmittag (Ortszeit) debattiert werden, im Anschluss stand eine Abstimmung an. Ergebnisse wurden in der deutschen Nacht zum Donnerstag erwartet. McCarthy sah sich mit dem Widerstand radikaler Mitglieder seiner Partei konfrontiert.

Entwurf muss noch durch beide Kammern des Kongresses

Der demokratische US-Präsident Joe Biden und McCarthy hatten die Einigung am Wochenende besiegelt. Vorausgegangen waren wochenlange zähe Verhandlungen zwischen beiden Parteien, die Biden sogar zur Absage von Auslandsreisen bewogen. Der Entwurf muss so schnell wie möglich in beiden Kammern des Kongresses - also erst dem Repräsentantenhaus und dann dem Senat - verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet werden, damit der US-Regierung das Geld nicht ausgeht. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte zuletzt gewarnt, die Zahlungsunfähigkeit könnte am 5. Juni eintreten.

McCarthy ist zu Beginn des Jahres erst nach einem historischen Wahlchaos von seiner Fraktion zum Vorsitzenden gewählt worden. Das hatte seine Position enorm geschwächt. Er hatte bei der Wahl weitreichende Zugeständnisse an eine kleine Gruppe Abgeordneter machen müssen. Dazu zählt, dass künftig ein Abgeordneter im Alleingang ein Misstrauensvotum gegen den Vorsitzenden des Repräsentantenhauses anstrengen kann. Viele Republikaner vor allem der ultrakonservativen Vereinigung Freedom Caucus brachten seit dem Wochenende ihren Unmut über die Einigung mit den Demokraten zum Ausdruck.

Republikanern gehen Einsparungen teils nicht weit genug

Der Abgeordnete Dan Bishop brachte dann am Dienstag sogar ein Misstrauensvotum gegen McCarthy ins Spiel. Andere radikale Parteimitglieder gingen nicht ganz so weit - aber machten klar, dass sie gegen den Gesetzesentwurf stimmen wollten. Ihnen gingen die Einsparungen in dem Kompromiss nicht weit genug. „Die Republikaner wurden von einem Präsidenten überlistet, der seine Hose nicht finden kann“, ätzte die Republikanerin Nancy Mace und spielte dabei auf das hohe Alter Bidens - 80 Jahre - an. Weitere Abgeordnete vom rechten Rand forderten ihre Parteikollegen auf, mit Nein zu stimmen.

Dass der Gesetzesentwurf in der Parlamentskammer scheitern würde, galt als unwahrscheinlich. McCarthys Republikaner haben dort zwar nur eine knappe Mehrheit - der Vorsitzende konnte aber mit den Stimmen etlicher Demokraten rechnen. Dennoch stand für ihn viel auf dem Spiel. Er musste eine möglichst breite Mehrheit in seiner Partei hinter sich versammeln, um nicht völlig geschwächt aus der Abstimmung herauszugehen. Für den Fall, dass seine Parteikollegen sich quer stellten und er auf besonders viele Stimmen der Demokraten angewiesen wäre, war eine parteiinterne Revolte war nicht ausgeschlossen.

Linkere Demokraten könnten gegen Pläne votieren

„Dies wird der größte Schuldenabbau in der Geschichte sein“, hatte die Republikanerin und McCarthy-Vertraute Elise Stefanik am Dienstagabend (Ortszeit) in einer Pressekonferenz die Einigung angepriesen. Aussagen dieser Art kamen bei vielen Demokraten nicht gut an. Es wurde davon ausgegangen, dass etliche linkere Demokraten gegen die Pläne votieren würden. Sie monierten etwa die Einsparungen bei Sozialprogrammen, die der Kompromiss vorsieht. Einige beharrten auch auf dem Standpunkt, dass es die Aufgabe von Mehrheitsführer McCarthy sei, die notwendigen Stimmen zusammenzubekommen.

Der Kompromiss soll den Umfang des Bundeshaushaltes, den die Demokraten unter Biden eigentlich vergrößern wollten, nun faktisch einfrieren. Dafür würden die Budgets vieler Bundesbehörden und Ministerien angepasst. Die Republikaner konnten auch durchsetzen, dass Empfänger bestimmter sozialer Leistungen einen Job nachweisen müssen. Die Demokraten wollten die staatlichen Einnahmen eigentlich durch die stärkere Besteuerung von Reichen erhöhen. Dagegen stemmten sich die Republikaner.