Kiew. Am Jahrestag der Kapitulation Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg demonstriert die Ukraine großes Selbstbewusstsein. Ähnlich wie damals die Nazis werde nun Moskau unterliegen, so Präsident Selenskyj.

Trotz neuer russischer Luftangriffe in mehreren Regionen der Ukraine gibt sich die Staatsführung in Kiew betont siegessicher. „Und all das alte Übel, welches das moderne Russland zurückbringt, wird genauso zerschlagen werden, wie der Nationalsozialismus zerschlagen wurde“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag, dem 78. Jahrestag der Kapitulation Nazi-Deutschlands im Zweiten Weltkrieg.

Russland hatte in der Nacht wieder Ziele im Nachbarland mit Drohnen angegriffen, darunter auch die Hauptstadt Kiew. In Moskau gehen die Vorbereitungen auf die Militärparade zum 9. Mai ungeachtet des Drohnen-Zwischenfalls am Kreml vergangene Woche weiter.

Kiew: Moskau wird wie Nazi-Deutschland verlieren

Für Selenskyj ist der Sieg nur eine Frage der Zeit. „Wir wissen bisher das Datum unseres Sieges noch nicht, doch wir wissen, dass dies ein Fest für die ganze Ukraine, für ganz Europa, für die gesamte freie Welt sein wird“, sagte er.

Zugleich legte Selenskyj einen Gesetzentwurf vor, der die Verlegung des Gedenktags an die deutsche Kapitulation auf den 8. Mai offiziell machen soll. Damit grenzt die Ukraine sich von der sowjetischen Tradition ab - und von Kriegsgegner Russland, wo der „Tag des Sieges“ erst am 9. Mai gefeiert wird. Die Ukraine solle künftig gemeinsam mit der „freien Welt“ der Opfer des Zweiten Weltkrieges gedenken, sagte Selenskyj. Er erinnerte auch an die acht Millionen Ukrainer, die in den Jahren 1939 bis 1945 getötet wurden.

Drohnen-Vorfall ohne Auswirkungen auf Militärparade

Trotz des Drohnen-Zwischenfalls will Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag wie geplant bei der großen Militärparade auf dem Roten Platz in Moskau auftreten. Dies sagte sein Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Zuvor war mitgeteilt worden, dass Moskau die Sicherheitsvorkehrungen vor den Feierlichkeiten zum 78. Jahrestag des sowjetischen Sieges über Nazi-Deutschland verschärft habe.

In der vergangenen Woche waren nachts zwei Drohnen über dem Kreml-Gelände zum Absturz gebracht worden. Russland sprach anschließend von einem versuchten Anschlag auf Putin und machte dafür die Ukraine verantwortlich.

Neue Angriffe auf Kiew und Odessa

Zu Wochenbeginn meldete die Ukraine russische Luftangriffe auf mehrere Landesteile - darunter erneut auch auf die Hauptstadt Kiew. Dort seien mindestens fünf Menschen verletzt worden, schrieb Bürgermeister Vitali Klitschko am Morgen. Drohnenteile seien dort unter anderem auf ein Wohnhaus gefallen. Insgesamt wurden der Militärverwaltung zufolge im Luftraum der Hauptstadt 30 der unbemannten Flugkörper entdeckt und abgeschossen. Auch in Odessa meldeten die ukrainischen Behörden Beschuss - durch russische Marschflugkörper vom Typ Ch-22. In Brand geraten sei dort ein Lebensmittellager.

Moskau lockt Einwanderer mit hohem Sold

Moskau lockt bei seinen Rekrutierungsbemühungen laut britischen Geheimdienstexperten Einwanderer aus Zentralasien mit hohem Sold und einem Schnellverfahren zur Einbürgerung. Anwerber seien in Moscheen und Immigrationszentren unterwegs, hieß es im täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London. Bei den Einwanderungsbehörden versuchten Tadschikisch und Usbekisch sprechende Mitarbeiter routinemäßig Migranten zu rekrutieren. Angeboten würden Vorab-Prämien von umgerechnet 2165 Euro und eine Besoldung von bis zu 3770 Euro im Monat. Hinzu komme das Angebot, die russische Staatsbürgerschaft binnen weniger Monate statt erst nach fünf Jahren zu erhalten. Die Bemühungen seien Teil des Ziels, 400 000 Freiwillige für den Einsatz gegen die Ukraine zu gewinnen.

EU-Kommissionspräsidentin reist nach Kiew

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will an diesem Dienstag zum fünften Mal seit dem Beginn der russischen Invasion Kiew besuchen. Sie werde dort am Europatag den Präsidenten Selenskyj treffen und noch einmal die uneingeschränkte Unterstützung für die Ukraine bekräftigen, sagte ein Sprecher.

Peking warnt EU vor Sanktionen

Mit scharfen Worten warnte China die Europäische Union vor Sanktionen gegen chinesische Unternehmen wegen ihrer Geschäfte mit Russland. In einer Reaktion auf einen Bericht in der „Financial Times“ über die neuen Strafmaßnahmen wegen des Krieges in der Ukraine sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Montag: „Das ist sehr gefährlich. Wir fordern die EU auf, nicht diesen falschen Weg einzuschlagen.“ Andernfalls werde China „entschlossene Maßnahmen“ ergreifen, um seine legitimen Rechte und Interessen zu schützen.

Die EU-Kommission hat nach dem Bericht der „Financial Times“ vorgeschlagen, in dem neuen Sanktionspaket auch Maßnahmen gegen sieben chinesische Firmen zu verhängen. Ihnen wird vorgeworfen, Ausrüstung an Russland zu liefern, die die Kriegsmaschinerie unterstützen und in Waffen eingesetzt werden könnten.

Polen kritisiert Manöver eines russischen Jets

Polens Regierung hat das Manöver eines russischen Kampfjets, der sich nach Angaben aus Warschau einem polnischen Flugzeug gefährlich genähert haben soll, als Provokation kritisiert. Moskau wolle mit solchen Aktionen von seinen militärischen Misserfolgen im Angriffskrieg gegen die Ukraine ablenken und die eigene Bevölkerung beeindrucken, sagte Regierungssprecher Piotr Müller dem öffentlich-rechtlichen Sender TVP.

Am Freitag hatte sich nach Angaben von Polens Grenzschutz ein russischer Kampfjet einem polnischen Flugzeug genähert, das über dem Schwarzen Meer auf einem Patrouillenflug für die EU-Grenzschutzbehörde Frontex unterwegs war. Das russische Jagdflugzeug vom Typ Su-35 habe „aggressive und gefährliche Manöver“ ausgeführt.