Gao/Berlin. Polen hat der Ukraine bereits mehrere MiG-Kampfflugzeuge geliefert. Jetzt will es Maschinen abgeben, bei denen die Bundesregierung ein Wort mitzureden hat. Über den Antrag wird blitzschnell entschieden.

Die Bundesregierung gestattet Polen die Weitergabe von fünf MiG-29-Kampfflugzeugen aus DDR-Altbeständen an die von Russland angegriffene Ukraine. Ein entsprechender Antrag wurde binnen weniger Stunden positiv beschieden. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) begrüßte den Beschluss in einer Mitteilung. „Das zeigt: Auf Deutschland ist Verlass!“, erklärte er.

Pistorius sieht darin keinen Kurswechsel bei westlichen Kampfflugzeugen. Von Bedeutung sei alles, was schnell helfe, sagte er in Bamako, der Hauptstadt Malis.

„Es geht um MiGs, weil die unmittelbar eingesetzt werden können bei den ukrainischen Streitkräften, weil sie bekannt sind, weil sie sofort geflogen werden können, weil sowohl Unterhaltung als auch Instandsetzung und Wartung quasi reibungslos und übergangslos möglich sind“, sagte Pistorius. „Das gilt alles für westliche Flugzeuge, insbesondere solche, die wir in Deutschland haben, nicht. Von daher stellt sich diese Debatte für uns nicht.“

Pistorius, der seine Reise in Westafrika fortsetzte, kündigte an, dass am Freitag die formale, schriftliche Bestätigung an die polnische Regierung für die Erlaubnis zum Reexport in die Ukraine rausgehe. Ein entsprechender Antrag war binnen weniger Stunden positiv beschieden worden. Es handelt sich um Flugzeuge, die Deutschland 2003 Polen überlassen hatte. Die Bundeswehr hatte sie aus früheren Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR übernommen.

Weitergabe an Dritte zustimmungspflichtig

FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die den Verteidigungsminister auf seiner Afrika-Reise begleitet, hatte sich schon zuvor deutlich für die Lieferung ausgesprochen. „Das sollten wir auf alle Fälle genehmigen“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags. Sie rechnete mit einer Zustimmung der Bundesregierung. „Ich gehe mal davon aus, dass das Bundeskanzleramt da keine Herzrhythmusstörungen bekommt. Und wenn, werden wir sie unterstützen, dass das Herz wieder ruhig schlägt.“

Anfang der 2000er Jahre hatte Deutschland 22 MiG-29-Kampfjets, die die Bundeswehr nach dem Fall der Mauer von der NVA übernommen hatte, an Polen veräußert. Der Sicherheitsberater des polnischen Präsidenten Andrzej Duda, Jacek Siewiera, hatte Ende März gesagt, die polnische Luftwaffe habe heute noch etwa ein Dutzend davon. Im Vertrag zur Überlassung der Flugzeuge war festgeschrieben, dass eine Weitergabe an Dritte einer schriftlichen Zustimmung Deutschlands bedürfe. Daher nun der Zwang zur Entscheidung in Berlin.

Dass diese so schnell getroffen wurde, dürfte auch daran liegen, dass sich die Bundesregierung wohl nicht schon wieder die im ersten Kriegsjahr gerade bei östlichen Verbündeten zu hörende Kritik zuziehen wollte, zu lange zu zaudern. „Too late, too little“ (zu spät, zu wenig) lautete ein gängiger Vorwurf an die Adresse Berlins.

Acht MiG-29 aus Polen bereits geliefert

Polen hatte im März die Lieferung von MiG-29-Kampfflugzeugen an die Ukraine angekündigt, um das Land im Kampf gegen den russischen Angriff zu unterstützen. Zunächst wurden aber keine Maschinen aus früheren DDR-Beständen geliefert, das ändert sich nun.

Präsident Duda hatte vergangene Woche bekanntgegeben, sein Land habe inzwischen acht MiG-29 an die Ukraine geliefert. Vier der Maschinen habe man Kiew „im Verlauf der vergangenen Monate“ überlassen, sagte er nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Warschau. Vier weitere MiG-29 seien dem von Russland angegriffenen Nachbarland „kürzlich“ geliefert worden. Darüber hinaus würden derzeit noch sechs MiG-29 für die Übergabe vorbereitet.

Weitere MiG-29 blieben vorerst noch im Dienst der polnischen Streitkräfte, sagte Duda weiter. Erst wenn sie sukzessive durch moderne Kampfjets ersetzt würden, die Polen bereits in Südkorea und den USA bestellt habe, könnten auch diese Maschinen der Ukraine überlassen werden.

Duda sagte bei der Gelegenheit auch: „Wir geben den anderen Ländern ein Beispiel und brechen ihre Sturheit und ihren Widerstand, was die Lieferung von Waffen angeht.“ Den Vorwurf der Sturheit konnte Berlin jetzt mit der MiG-29-Blitzentscheidung erst einmal entkräften.