New York/Damaskus. Vorerst können die Lastwagen mit dringend benötigter Hilfe wieder über die Grenze nach Syrien rollen. Eine UN-Resolution dazu gilt nun aber nur noch sechs Monate. Das könnte für eine humanitäre Katastrophe sorgen.

Nach tagelangen Verhandlungen hat der UN-Sicherheitsrat einen Kompromiss gefunden, um die ausgelaufene Hilfe für notleidende Menschen in Syrien doch noch zu verlängern. Das Gremium verabschiedete am Dienstag in New York eine Resolution, die den wichtigen Hilfsmechanismus für das Bürgerkriegsland zunächst für sechs Monate verlängert - mit der Option auf eine weitere, ebenfalls sechsmonatige Verlängerung. Zudem soll ein spezieller Bericht zur humanitären Situation in Syrien vorgelegt werden. Russland setzte sich letztlich mit seiner Forderung nach einer Verlängerung um zunächst nur sechs Monate durch.

Die westlichen Länder hatten eine Verlängerung um ein Jahr gefordert - vor allem um Planungssicherheit für Hilfsorganisationen zu bieten. Russland, das die syrische Führung von Staatschef Baschar al-Assad stützt, hatte immer wieder signalisiert, dass es auch den letzten von einst vier Grenzübergängen - Bab al-Hawa im Nordwesten - schließen möchte. Dann könnte UN-Hilfe nur noch über die Regierung in Damaskus nach Syrien gelangen. Die Regierung müsste diese Hilfsgüter dann verteilen.

4,1 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe

Im Nordwesten Syriens leben nach UN-Angaben rund 4,4 Millionen Menschen. Mehr als die Hälfte von ihnen sind Vertriebene, von denen viele seit Jahren in Lagern wohnen. 4,1 Millionen Menschen in der Region benötigen humanitäre Hilfe. Syrien leidet nicht unter den Folgen des Bürgerkriegs und einer schweren Wirtschaftskrise. Nach UN-Schätzungen leben mehr als 90 Prozent der Menschen unter der Armutsgrenze. Millionen Menschen haben zu wenig zu essen.

Am Freitag waren zwei Resolutionsentwürfe gescheitert - sowohl ein von westlichen Staaten eingebrachter, als auch ein russischer. Am Sonntag liefen die Hilfen dann vorerst aus. 2021 wurde der Hilfsmechanismus noch um ein Jahr verlängert - mit einem Kompromiss, den Russland und die USA als «Wendepunkt» gefeiert hatten. Hilfsorganisationen hatten immer wieder vor einer schlimmen Hungerkrise gewarnt, wenn keine Einigung gefunden werden sollte.

Resolution lief am Sonntag aus

Hintergrund ist eine seit 2014 bestehende UN-Resolution, die am Sonntag planmäßig ausgelaufen war. Die Regelung erlaubt es den Vereinten Nationen, wichtige Hilfsgüter über Grenzübergänge auch in Teile des Bürgerkriegslandes zu bringen, die nicht von der Regierung kontrolliert werden.

Es seien «schwierige Verhandlungen» gewesen, sagte die irische UN-Botschafterin Geraldine Byrne Nason. Frankreich, die USA und Großbritannien enthielten sich bei der Abstimmung am Dienstag. Die französische UN-Vertretung twitterte anschließend, der Sicherheitsrat werde seiner Verantwortung nicht gerecht. «Ohne feste Garantie einer Verlängerung» sei die im tiefen Winter auslaufende Hilfe «prekär».

Die Hilfsorganisation International Rescue Committee (IRC) zeigte sich erleichtert über die Verlängerung, bezeichnete die Verkürzung auf sechs Monate aber als «unerklärlich». Familien müssten im Winter bei eisigen Temperaturen ausharren und erlebten Sturzfluten. «Im Winter 2023 wird es vermutlich nicht anders sein.»