Seoul. Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel haben sich zuletzt stetig erhöht. Nach zahlreichen Raketenstarts sorgt nun eine Mitteilung der Internationalen Atomenergiebehörde für neue Besorgnis.

Nordkorea bereitet laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) möglicherweise einen weiteren Atomtest vor.

Die Beobachtung der unterirdischen Testanlage Punggye-ri im Norden des Landes habe Hinweise ergeben, dass dort ein Stollen wieder geöffnet wurde, berichtete IAEA-Chef Rafael Grossi am Montag in Wien.

In Punggye-ri hat Nordkorea zwischen 2006 und 2017 sechs Testexplosionen durchgeführt. Als Reaktion auf eine neue Reihe von Raketenstarts des nordkoreanischen Militärs feuerten Südkorea und die USA am Montag derweil acht ballistische Kurzstreckenraketen ins offene Meer ab.

Damit wollten die gemeinsamen Streitkräfte demonstrieren, dass sie schnell auf Krisenereignisse antworten könnten, wie die US-Streitkräfte Korea (USFK) mitteilten. Die USA haben als Abschreckung gegen die selbst erklärte Atommacht Nordkorea 28.500 Soldaten in Südkorea stationiert. Die acht Raketen wurden den Angaben zufolge am frühen Morgen binnen zehn Minuten im Nordosten Südkoreas abgefeuert. Sie seien schließlich ins Japanische Meer (koreanisch: Ostmeer) gestürzt.

Geschosse ins Japanische Meer

Am Sonntag hatte Nordkorea auf ein gemeinsames Seemanöver der USA und Südkoreas mit ebenfalls acht Starts von Kurzstreckenraketen reagiert. Auch diese Geschosse gingen letztlich im Japanischen Meer nieder. Südkoreas Militär warf Nordkorea daraufhin Provokation vor. Solche Tests sind dem autoritär geführten Staat aufgrund von UN-Resolutionen verboten. Bei ballistischen Raketen handelt es sich in der Regel um Boden-Boden-Raketen. Je nach Bauart können sie auch einen Atomsprengkopf tragen.

In Punggye-ri seien vor vergangenen Atomtests ähnliche Aktivitäten wie zuletzt beobachtet worden, erklärte Grossi. Die am Montag mitgeteilten Erkenntnisse stützten sich auf regelmäßig aktualisierte Satellitenaufnahmen, sagte er, ohne den Zeitraum der Beobachtungen zu nennen. Das Land erlaubt keine internationalen Inspektionen vor Ort. "Die Fortführung des nordkoreanischen Atomprogrammes ist eine eindeutige Verletzung von Resolutionen des UN-Sicherheitsrates und sehr bedauerlich", sagte der IAEA-Chef. Neben den Hinweisen aus Punggye-ri hat die IAEA auch Anzeichen für Aktivitäten in Anlagen in Yongbyon, wo in der Vergangenheit Plutonium hergestellt wurde.

Nordkorea hat in diesem Jahr bereits 18 Runden von Raketentests absolviert. Nach südkoreanischen Angaben testete das Land dabei am 25. Mai offenbar zum zweiten Mal auch eine Interkontinentalrakete. Pjöngjang will nach Meinung von Experten das Raketenarsenal modernisieren und möglicherweise auch den Druck auf die USA erhöhen, damit diese konkrete Vorschläge für neue Verhandlungen vorlegen.

Am Sonntag schoss Nordkorea laut Südkorea binnen 35 Minuten acht Kurzstreckenraketen von mindestens vier verschiedenen Orten ab. Die Aktion wurde in Südkorea auch als Stärke-Demonstration gesehen. Die Streitkräfte der USA und Südkoreas hatten erst einen Tag zuvor dreitägige Seeübungen in der Philippinensee beendet. Durch die regelmäßigen Manöver beider Länder sieht sich Nordkorea provoziert.

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