Espoo. Russland liefert nun auch Finnland kein Gas mehr. Grund ist nach finnischen Angaben unter anderem ein Streit über die Zahlung in Rubel. Mit Engpässen rechnen die Finnen nicht - zumindest im Sommer.

Russland stellt die Gas-Lieferungen nach Finnland nach Angaben des finnischen Energiekonzerns Gasum am frühen Samstagmorgen ein. Darüber habe Gazprom Export am Freitagnachmittag informiert, teilte der finnische Versorger Gasum in Espoo mit.

Der russische Staatskonzern bestätigte das am Abend. Grund seien nicht erfolgte Zahlungen für das im Monat April gelieferte Gas. Zuvor hatte der finnische Konzern mitgeteilt, Forderungen von Gazprom Export, Zahlungen in Rubel zu begleichen, nicht zu akzeptieren. Auch über andere Forderungen seien sich die beiden Unternehmen nicht einig.

"Es ist tief bedauerlich, dass die Gas-Lieferungen aus unserem Vertrag jetzt gestoppt werden", sagte Gasum-Chef Mika Wiljanen laut der Mitteilung. "Wir haben uns aber sorgfältig auf diese Situation vorbereitet, und falls es keine Störungen im Gasnetzwerk gibt, werden wir all unsere Kunden in den kommenden Monaten mit Gas beliefern können." Man werde den Kunden den Sommer über Gas aus der Erdgaspipeline Balticconnector zur Verfügung stellen, hieß es.

Gas für Finnland fast komplett aus Russland

Gas macht nach Angaben des finnischen Rundfunks nur etwa fünf Prozent des Energiemixes in Finnland aus. Allerdings kommt fast das gesamte Gas aus Russland: Im vergangenen Jahr betrug der Anteil der russischen Gasimporte demnach 92 Prozent. Gasum ist nach eigenen Angaben derzeit der einzige Energiekonzern in Finnland, der Gas direkt aus Russland bezieht.

Einfluss auf die Gasversorgung in Deutschland hat der Lieferstopp für Finnland nach Angaben von Bundeswirtschaftsministerium und Bundesnetzagentur nicht. Man beobachte die Situation sehr genau und sei mit den finnischen und europäischen Partnern im Autausch, teilte das Ministerium auf Anfrage mit. "Die Gasversorgung in Deutschland ist stabil", heißt es im aktuellen Lagebericht der Bundesnetzagentur, die Versorgungssicherheit sei gewährleistet.

Für Finnland sei der russische Gas-Stopp sei "kein Grund zur Panik", schrieb die Finnland-Expertin Minna Ålander von der Stiftung Wissenschaft und Politik am Freitag bei Twitter. "Selbst in der Chemieindustrie, Forstwirtschaft und bei Bäckereien, die einige der größten Verbraucher von Erdgas sind, scheint es kein Problem zu sein."

Auch Jukka Leskelä, der Vorsitzenden des finnischen Energie-Branchenverbands, erwartet im Sommer zunächst keine Versorgungsprobleme. "Bis zum Herbst und Winter ist noch viel Zeit. Die Situation hat sich sehr verändert", sagte Leskelä der finnischen Nachrichtenagentur STT. "Viele Unternehmen haben schon Sicherheitsvorkehrungen getroffen und suchen nach Alternativen zum russischen Gas." Eine solche Alternative könnte das Flüssiggas-Terminal sein, das die Finnen gemeinsam mit Estland leasen und ab Herbst betreiben wollen.

Zusammenhang mit Nato-Antrag unklar

Am Mittwoch hatte Finnland gemeinsam mit Schweden einen Antrag auf Nato-Mitgliedschaft in Brüssel eingereicht. Russland hatte bereits eine Antwort darauf angekündigt. Ob es einen Zusammenhang mit dem Energiestopp gibt, ist aber nicht klar. Bereits Ende April hatte Gazprom Polen und Bulgarien den Gashahn zugedreht, weil sie ebenfalls nicht in Rubel zahlen wollten.

Das von Kremlchef Wladimir Putin angewiesene neue Zahlungssystem sieht vor, dass Kunden bei der russischen Gazprombank ein Konto eröffnen. Dort können sie wie bisher ihre Rechnungen in Euro oder Dollar begleichen, die Bank konvertiert das Geld und überweist es an Gazprom. Nach Angaben der russischen Führung folgen viele Gaskunden in der EU dem neuen System, demnach auch in Deutschland.

Am vergangenen Freitag hatte das in Helsinki ansässige russische Unternehmen Rao Nordic kurzfristig einen Strom-Lieferstopp nach Finnland angekündigt. Grund dafür sei eine ausgebliebene Zahlung. Rao Nordic ist nach eigenen Angaben einer der führenden Importeure russischer Elektrizität in die nordischen Länder und gehört zu Inter Rao, Russlands größtem Energiekonzern im Import-Export-Geschäft.

Nach Angaben von Gazprom sollen die Streitigkeiten um die Bezahlung von Gas-Lieferungen nun auf dem juristischen Weg geklärt werden. Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte am Freitag einmal mehr, dass Putins Erlass ohne Abstriche gelte und durchgesetzt werde. Geliefert wird demnach nur noch, wenn der Rubel rollt.

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