Paris. Bei seiner Amtseinführung will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach vorne blicken und Frankreich zusammenbringen. Anderswo machen sich schon seine Gegner bereit.

Streichmusik von Händel, Hunderte Gäste und etliche Kanonenschüsse haben Frankreichs wiedergewählten Präsidenten Emmanuel Macron bei seiner zweiten Amtseinführung begleitet.

Der so oft als arrogant kritisierte Macron war bemüht, einen Neuanfang und kein Weiter so zu signalisieren. "Dieses neue Volk, das anders ist als vor fünf Jahren, hat einem neuen Präsidenten ein neues Mandat anvertraut", sagte der 44-Jährige, der sich vor zwei Wochen gegen die Rechtsnationale Marine Le Pen durchgesetzt hat, bei der Investiturfeier am Samstag im Élyséepalast.

Konkret will der Mitte-Politiker etwa Schulen inklusiver gestalten, das Gesundheitssystem zugänglicher machen und einen neuen Frieden in Europa erbauen. An die Jugend gerichtet versprach er, einen lebenswerteren Planeten und ein lebendiges, stärkeres Frankreich zu hinterlassen. Man müsse unerlässlich handeln, um ein unabhängigeres Frankreich zu schaffen, sagte Macron.

Unzufriedenheit zeigt sich bei der Wahl

Viele waren mit Macrons erster Amtszeit unzufrieden. Die Stichwahl gegen Le Pen gewann er letztlich, weil Linke und Konservative die Rechte als Präsidentin verhindern wollten und ihm zähneknirschend die Stimme schenkten. Trotz der gesellschaftlichen Mobilisierung lag Macron mit einem Wahlergebnis von 58,55 Prozent zu 41,45 Prozent wohl knapper vor Le Pen, als seinem Lager lieb gewesen wäre. Der Ausgang wurde als Warnschuss für Macron auch mit Blick auf die Parlamentswahlen im Juni in dem gesellschaftlich tief gespaltenen Land gewertet.

Neben Ministern, Ex-Präsidenten und anderen institutionellen Vertretern lud Macron auch Gesundheitspersonal und Kinder zu der Amtseinführung ein, wohl als Zeichen der Anerkennung. Er wisse, dass es zahlreiche Ängste und Spaltungen gebe, sagte Macron. Gemeinsam müsse man eine neue Methode erfinden, um einen neuen Gesellschaftsvertrag zu erschaffen. Er wolle Frankreich zusammenbringen, vom ländlichen Raum zu den Arbeitervierteln und vom Festland bis nach Übersee.

Nächste Wahlen stehen bereits an

Während Macron sich im Herzen von Paris als neuen Präsidenten feiern ließ, machten sich vor den Toren der Stadt schon die bereit, die ihm die Macht strittig machen wollen. Frankreichs bisher zersplittertes linkes Lager hat es nach zähen Verhandlungen in den vergangenen Wochen geschafft, eine Allianz zu bilden: die Nouvelle Union Populaire Écologique et Sociale, kurz Nupes. Mit dabei sind Linke, Grüne, Sozialisten und Kommunisten.

Bei den Parlamentswahlen im Juni treten sie unter diesem Banner nun geschlossen gegen Macron an. Sollten sie die Mehrheit in der Nationalversammlung holen, wäre Macron faktisch gezwungen, einen Premier aus ihren Reihen zu ernennen, was seine Macht erheblich schmälern würde. Der Altlinke Jean-Luc Mélenchon, der den Einzug in die Endrunde um die Präsidentschaft nur knapp verpasste, steht bereits in den Startlöchern, auch wenn unklar ist, ob sein Lager Macron tatsächlich das Wasser wird reichen können.

Macron steht nun vor der schwierigen Aufgabe, auch seine widerwilligen Wähler mit einer neuen Regierungstruppe mild zu stimmen und so bei der Parlamentswahl zu punkten - oder sie zumindest nicht weiter gegen ihn aufzubringen und in die Hände seiner Gegner und an die Wahlurnen zu treiben.

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