Genf/Berlin. Normalerweise vermeidet die WHO deutliche Kritik an einzelnen Ländern. Umso bemerkenswerter ist es, wie sich der Chef der Weltgesundheitsorganisation in Berlin über China äußert.

Ungewöhnlich deutlich hat der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO) China wegen mangelnder Kooperation bei der Untersuchung des Ursprungs des Coronavirus kritisiert.

Er brachte auch die Möglichkeit von Sanktionen ins Gespräch, wenn WHO-Mitglieder eine nötige Kooperation künftig verweigern. Genauso äußerte sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Tedros und Spahn sprachen am Mittwoch im Anschluss an die Einweihung des WHO-Pandemiefrühwarnzentrums in Berlin. Das Zentrum ist ebenfalls darauf angewiesen, dass wissenschaftliche Institutionen und Regierungen Daten zur Verfügung stellen. Es soll Unmengen von Daten analysieren und daraus Risikoanalysen erstellen, damit mögliche Pandemiegefahren anders als beim Coronavirus erkannt werden, bevor sich ein Virus rund um die Welt verbreitet.

Einige WHO-Mitglieder, allen voran Deutschland, arbeiten an einem weltweiten Pandemie-Vertrag, der unter anderem Transparenz und Kooperation festschreiben soll. "Wir brauchen absolut Verpflichtungen aller Mitgliedsstaaten oder aller, die so einen Vertrag unterzeichnen wollen, zu voller Transparenz im Fall eines Ausbruchs", sagte Spahn. Wenn das nicht passiere, müsse es Konsequenzen geben. Teadros sagte: "Sanktionen in Erwägung zu ziehen, könnte wichtig sein."

China verweigert bei der Suche nach dem Ursprung des Coronavirus bis heute die Herausgabe von Rohdaten über die ersten 174 Patienten, die wahrscheinlich mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 infiziert waren. China wehrt sich gegen alle Vorwürfe und sagt, die Untersuchung werde politisch vor allem von den USA ausgeschlachtet. "Die Politisierung passiert, weil es nicht wie erwartet Zugang zu Daten und Informationen gibt", sagte Tedros. "Wir bitten China: Bitte teilt die Daten." Diese Kooperation gebe es aber nicht.

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