Wien. Der Skandal um das Ibiza-Video ist zwei Jahre her und bedeutete den Absturz für Heinz-Christian Strache. Jetzt muss sich der ehemalige rechte Spitzenpolitiker vor Gericht Korruptionsvorwürfen stellen.

Zum Auftakt eines Korruptionsprozesses gegen Österreichs Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat die Staatsanwaltschaft schwere Vorwürfe erhoben. Der ehemalige Spitzenpolitiker habe in seiner Amtszeit aus eigennützigen Gründen einem befreundeten Klinikbetreiber zu einer vorteilhaften Gesetzesänderung verholfen, so die Vertreterin der Anklage am Dienstag vor dem Landgericht in Wien.

Es gebe einen Zusammenhang zwischen einer Parteispende von 10.000 Euro an die rechte FPÖ, deren Vorsitzender Strache damals war, und dem auffälligen Einsatz des heute 52-Jährigen für die Klinik. Auch eine Einladung des Klinikbetreibers an das Ehepaar Strache nach Korfu - inklusive An- und Abreise im Privatjet - zähle zu den Verdachtsmomenten.

Strache muss sich wegen des Verdachts der Bestechlichkeit verantworten, der Klinikbetreiber wegen des Verdachts der Bestechung. Der Strafrahmen reicht bis zu fünf Jahren Haft. Für den Prozess sind vier Verhandlungstage geplant.

Strache bestreitet die Vorwürfe

Der einst führende Rechtspopulist Österreichs wies alle Vorwürfe zurück. Konkret soll Strache laut Anklage in der Startphase der Koalition von konservativer ÖVP und FPÖ Ende 2017 in Chats den Unternehmer gefragt haben, welche Gesetzesänderung er brauche, damit seine auf Schönheitsoperationen spezialisierte Klinik mit 20 Betten in den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) komme. Der Fonds vergütet medizinisch notwendige Leistungen auch für gesetzlich Versicherte anteilsmäßig. Der Fonds wurde von der ÖVP-FPÖ-Regierung später erheblich aufgestockt.

Er kenne den Unternehmer schon seit 30 Jahren und habe zunehmend begonnen, sich für dessen Klagen über eine unfaire Behandlung im Gesundheitssystem zu interessieren, sagte Strache. Er habe sich aber für alle Privatkliniken eingesetzt, nicht nur speziell für die seines Bekannten, so der ehemalige FPÖ-Chef. Straches Anwalt und sein Freund bemühten sich, den ehemaligen Vizekanzler als integer darzustellen.

Anwalt: Strache nicht korruptionsanfällig

"Er hätte nie etwas genommen", sagte der Unternehmer. Selbst das vor zwei Jahren veröffentlichte Ibiza-Video zeige - sofern man es in seiner gesamten Länge von knapp sieben Stunden sehe -, dass Strache entgegen des im Zusammenschnitt entstandenen Eindrucks nicht anfällig für Korruption sei, sagte sein Anwalt Johann Pauer. Die von der Staatsanwaltschaft behauptete Korfu-Reise habe 2016 stattgefunden, als Strache noch nicht Vizekanzler gewesen sei. Außerdem habe er den Flug selbst bezahlt.

Wichtige Indizien für die Anklage liefern sichergestellte Chatnachrichten auf Straches Handy. "Alle Chats sind zu hinterfragen", betonte die Richterin grundsätzlich. Als das Gesetz zugunsten seines Freundes auf den Weg gebracht war, lud dieser den FPÖ-Politiker im April 2018 erneut nach Korfu ein. "Nichts reden. Still und leise", schrieb Strache.

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