Cali. Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Cali und anderen kolumbianischen Städten dauern an. Erneut gibt es Tote.

Die Zahl der Toten in Cali ist nach einer weiteren von Gewalt überschatteten Protestnacht in Kolumbien auf mindestens sechs gestiegen. Dies berichtete die kolumbianische Zeitung "El Tiempo" am Samstag. "RCN Radio" berichtete von mindestens sieben Toten im Zusammenhang mit den Protesten.

Der kolumbianische Präsident Iván Duque hatte den Einsatzbefehl für die Sicherheitskräfte in der Stadt Cali und dem Department Valle del Cauca, dem Epizentrum der Proteste, am Freitagabend erneut verschärft.

"Dieser Einsatz wird unsere Kapazität in der gesamten Provinz in weniger als 24 Stunden fast verdreifachen", sagte Duque, der in die südwestlich von Bogotá gelegene Stadt gereist war. In der Nacht zum Samstag weitete er die Maßnahme auf sieben weitere Departments aus.

Am Freitag waren bei bewaffneten Auseinandersetzungen um die Straßenblocken, die die Mobilität der Bewohner und die Versorgung der Stadt seit Tagen beeinträchtigen, vier Menschen ums Leben gekommen.

Seit Ende April gab es in verschiedenen Städten des südamerikanischen Landes immer wieder zahlreiche Proteste und auch Ausschreitungen. Bislang starben nach Angaben der nationalen Ombudsstelle im Zusammenhang mit den Protesten mindestens 44 Menschen, viele durch Polizeigewalt und die meisten in Cali.

Zunächst hatten die Demonstranten gegen eine inzwischen zurückgenommene Steuerreform protestiert. Der Widerstand gegen eine - nun ebenfalls verworfene - Gesundheitsreform und der Einsatz für den labilen Friedensprozess waren dann einige der neuen Ziele.

Kolumbien erholt sich derzeit von einem mehr als 50 Jahre langen Bürgerkrieg, in dem 220.000 Menschen starben. 2016 schloss die kolumbianische Regierung Frieden mit der Farc-Guerilla. Die Wirtschaft erlebte einen Aufschwung, der Tourismus boomte - doch der Frieden ist brüchig, die Polizeigewalt ein Rückschlag.

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