Washington. Donald Trump weist einen Bericht, wonach er jahrelang kaum Steuern zahlte und Hunderte Millionen bald fälliger Schulden hat, als “fake news“ zurück. Der ausführliche Artikel der “New York Times“ erscheint kurz vor dem ersten TV-Duell zwischen Trump und Herausforderer Biden.

Gut einen Monat vor der US-Präsidentenwahl gerät Amtsinhaber Donald Trump unter Druck durch einen explosiven Bericht der "New York Times" zu seinen Steuern und Finanzen.

Die Zeitung schrieb unter anderem, dass der US-Präsident in den Jahren 2016 und 2017 jeweils nur 750 Dollar Einkommensteuer auf Bundesebene bezahlt habe. Außerdem gehe aus Trumps Steuerunterlagen hervor, dass er persönlich für Schulden von 421 Millionen Dollar hafte. Davon würden mehr als 300 Millionen Dollar in den kommenden vier Jahren fällig.

Die Veröffentlichung gibt den US-Demokraten um Trumps Herausforderer Joe Biden die Möglichkeit, erneut Fragen nach dem Steuergebaren und potenziellen Interessenkonflikten des Präsidenten aufzuwerfen.

So sprach die demokratische Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, prompt von einer "Frage der nationalen Sicherheit" mit Blick auf die Informationen zu Trumps Schulden. Es wäre wichtig zu wissen, wer die Gläubiger seien, sagte sie im TV-Sender MSNBC. "Sind es verschiedene Länder? Wie weit gehen ihre Einflussmöglichkeiten? Für mich ist es eine Frage der nationalen Sicherheit."

Trump schrieb in einem Tweet am Montag, er habe sehr geringe Schulden gemessen an seinen "außerordentlichen" Vermögenswerten. Er habe schon bei seiner ersten Kandidatur für das Weiße Haus erklärt, dass er Angaben zu seinen Finanzen veröffentlichen könnte, die alle Vermögenswerte und Schulden offenlegten. "Es ist ein sehr beeindruckender Bericht, der auch zeigt, dass ich der einzige Präsident bin, der nachweislich auf sein Präsidentengehalt von mehr als 400.000 Dollar verzichtet", twitterte Trump.

Trump hatte den Bericht am Sonntag umgehend als "totale Fake News" abgetan. Sein Sohn Donald Trump Jr. bestritt am Montag allerdings keine Angaben aus dem Artikel, sondern kritisierte lediglich, dass die "New York Times" sich selektiv Informationen herausgepickt habe.

Der Schlagabtausch dürfte weitergehen, wenn Trump und Biden am Dienstagabend Ortszeit (3.00 MESZ am Mittwoch) in dem mit Spannung erwarteten ersten TV-Duell aufeinandertreffen.

Die "New York Times" bekam nach eigenen Angaben Zugang zu Steuerunterlagen Trumps und Hunderter Firmen seiner Unternehmensgruppe aus mehr als zwei Jahrzehnten. Daraus gehe unter anderem hervor, dass Trump vor 2016 in 10 von 15 Jahren angesichts hoher gemeldeter Verluste gar keine Einkommenssteuern bezahlt habe, schrieb die Zeitung.

Trump sagte: "Ich habe eine Menge bezahlt, ich habe auch eine Menge an Steuern an den Bundesstaat bezahlt, der Bundesstaat New York verlangt viel." Er werde seine Steuererklärungen veröffentlichen, wenn die seit Jahren laufende Buchprüfung der Steuerbehörde IRS abgeschlossen sei. "Die IRS behandelt mich nicht gut. Sie behandeln mich sehr schlecht", sagte der US-Präsident.

Die Herausgabe von Finanz- und Steuerunterlagen hoher Amtsträger hat in den USA eine lange Tradition. Präsidentschaftskandidaten veröffentlichen diese üblicherweise bereits im Wahlkampf. Trump hatte dies bereits als Kandidat 2016 unter Verweis auf die IRS-Buchprüfung abgelehnt. Die IRS selbst betont, eine laufende Buchprüfung stehe Veröffentlichungen nicht im Wege.

Der "New York Times" zufolge geht es bei einer IRS-Prüfung um eine Steuergutschrift von 72,9 Millionen Dollar, die er nach Angabe hoher Verluste erhalten habe. Wenn die IRS sie für unrechtmäßig erachte, könne das Trump mehr als 100 Millionen Dollar kosten. Der Präsident wehrt sich aktuell auch vor einem Gericht in New York gegen einen Versuch von Staatsanwälten aus Manhattan, Zugang zu seinen privaten Finanzunterlagen zu bekommen.

Für Trump birgt die Veröffentlichung auch ein Image-Problem. Er präsentiert sich seit Jahren als erfolgreicher und geschickter Geschäftsmann. Allgemein gehaltene Vorwürfe, er zahle zu wenig Steuern, schadeten ihm bisher nicht. Als im Wahlkampf 2016 die damalige Gegenkandidatin Hillary Clinton auf seine niedrigen Steuerzahlungen hinwies, warf er ein, das zeuge davon, dass er "smart" sei. Die von der "New York Times" veröffentlichten Zahlen führen aber Verluste auf, die nicht nur mit Steuerminimierung, sondern auch durch schlechtes Wirtschaften zu erklären sein könnten.

So habe allein das 2016 im umgebauten alten Postgebäude in Washington eröffnete Luxushotel bis 2018 Verluste von 55,5 Millionen Dollar angehäuft. Zugleich sei es für 160 Millionen Dollar an Krediten als Sicherheit hinterlegt. Donald Trump Jr. nannte den Umbau des Hotels derweil als einen der Gründe für die niedrigen Steuerzahlungen 2016 und 2017. Man habe dafür "historische Steuergutschriften" bekommen.

"Mein Vater hat Dutzende Millionen an Steuern bezahlt", sagte Trump Jr. im TV-Sender Fox News. Es gebe aber eben Jahre mit Abschreibungen und Steuergutschriften. "Die Leute verstehen nicht, was zu einem Geschäft gehört." Der Bericht lasse Eigentumssteuern, Sozialabgaben oder Immobiliensteuern aus, sagte Trumps Sohn. "Sie bringen zwei Tage vor der Debatte dieses selektive Bild heraus, um jemandem wie Joe Biden eine Angriffsfläche zu bieten", warf er der Zeitung vor.

Eine sehr erfolgreiche Unternehmung Trumps war dem Bericht zufolge die TV-Sendung "The Apprentice", die ihm über die Jahre insgesamt 427,4 Millionen Dollar eingebracht habe. Das Geld sei in den Kauf von Hotels und Golf-Clubs gegangen, die hohen gemeldeten Verluste hätten die Steuerlast minimiert.

Für Spott im Internet sorgte das Detail aus dem Bericht, dass Trump in der "Apprentice"-Zeit mehr als 70 000 Dollar an Friseur-Ausgaben steuerlich abgesetzt habe. Für seine Tochter Ivanka hätten neun Firmen Kosten von 95 464 Dollar für Frisuren und Make-Up abgesetzt.

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