Peking/Washington. Als Antwort auf die Schließung eines chinesischen Konsulats in den USA macht China nun eine amerikanische Vertretung dicht. Die jüngste Eskalation zwischen den Großmächten lässt sich auf zwei Redensarten herunterbrechen: “genug ist genug“ und “wie du mir, so ich dir“.

Der diplomatische Streit zwischen den Großmächten USA und China ist in eine neue Runde gegangen: Als Vergeltung für die Schließung eines Konsulats macht die Volksrepublik eine amerikanische Vertretung dicht.

Die kommunistische Führung verfügte, dass das US-Konsulat in Chengdu im Südwesten des Landes geschlossen werden muss. Das Außenministerium in Peking teilte mit, dass die Lizenz zum Betrieb entzogen worden sei. Die Gegenreaktion war erwartet worden. Trotzdem trübt sie die Beziehungen weiter ein.

Das Außenministerium nannte die Schließung eine "legitime und notwendige Reaktion auf die unvernünftigen Handlungen der USA". Schuld habe allein die Regierung von US-Präsident Donald Trump. "Die Verantwortung liegt vollständig bei den Vereinigten Staaten." China fordere die USA erneut auf, die Schließung des chinesischen Konsulats in Houston (Texas) rückgängig zu machen - Bedingung für eine der Rückkehr der bilateralen Beziehungen zur Normalität.

Die USA ließen jedoch keinerlei Bereitschaft dazu erkennen. Die Schließung des Konsulats sei Teil von "bewussten Bemühungen", die Beziehung zu China auf eine "solide Grundlage" zu stellen, sagte ein Beamter des US-Außenministeriums am Freitag. Durch die Schließung der Konsulate müssen Dutzende Diplomaten beider Seiten zurück in ihre Heimat.

Die Vertretung in Houston sollte US-Medienberichten zufolge am Freitagnachmittag (Ortszeit/später Abend MESZ) die Arbeit einstellen. US-Beamte wollten auf Nachfrage keine Details nennen, wie die Schließung vonstatten gehen sollte. Auch gingen sie nicht darauf ein, was passieren würde, sollte China der Verfügung nicht Folge leisten.

US-Außenminister Mike Pompeo nannte das Konsulat in Houston ein "Drehkreuz der Spionage und des Diebstahls geistigen Eigentums". Es müsse geschlossen werden, um das amerikanische Volk zu schützen. Nach der Wiener Konvention hätten Diplomaten die Gesetze und Vorschriften des jeweiligen Gastlandes zu respektieren. Auch hätten sie die Pflicht, "sich nicht in innere Angelegenheiten des Staates einzumischen". China wies die Anschuldigungen erneut zurück.

Peking unterstellte nun dem Konsulat in Chengdu, spioniert zu haben. "Einige Mitarbeiter des US-Generalkonsulats haben Aktivitäten durchgeführt, die nicht mit ihrer Identität übereinstimmen, sich in Chinas innere Angelegenheiten eingemischt und Chinas Sicherheitsinteressen geschadet", erklärte Außenamtssprecher Wang Wenbin. Hu Xijin, Chefredakteur der einflussreichen Parteizeitung "Global Times" schrieb auf Twitter, dass die USA seines Wissens 72 Stunden Zeit haben, um das Konsulat zu schließen. Das wäre Montagmorgen.

Ein Beamter des US-Justizministeriums sagte, die Wahl sei nicht zufällig auf Houston gefallen. "Bösartige Aktivitäten" und geheimdienstliche Aktivitäten hätten dort zugenommen. "An einem gewissen Punkt sagt man: genug ist genug". Ein Geheimdienstbeamter fügte hinzu: "Es ist einfach zu groß geworden, als dass man es ignorieren könnte."

Pompeo hatte am Donnerstag in einer Grundsatzrede zu den amerikanisch-chinesischen Beziehungen die Tonlage gegenüber Peking verschärft. Er warf China vor, Angehörige muslimischer Minderheiten in "Konzentrationslagern" in der Region Xinjiang zu internieren. Der Minister hatte bislang meist den Begriff "Internierungslager" verwendet, um die Lager zu beschreiben, in denen nach amerikanischen Schätzungen eine Million Menschen inhaftiert sind.

Pompeo rief die US-Verbündeten auf, gemeinsam gegen China vorzugehen. "Vielleicht ist es an der Zeit für eine neue Gruppierung gleichgesinnter Nationen", sagte Pompeo. "Wir können diese Herausforderung nicht alleine bewältigen." Er nannte die Vereinten Nationen, die Nato, die G7- und G20-Staaten und ihre "gemeinsame wirtschaftliche, diplomatische und militärische Macht". Trumps Regierung hat allerdings in der Vergangenheit nicht dazu beigetragen, die internationalen Zusammenschlüsse zu stärken.

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