New York. Die Welt befindet sich in einer beispiellosen Krise - der UN-Sicherheitsrat kann sich trotzdem nicht auf eine gemeinsame Haltung in der Pandemie einigen. Deutschland versucht, das drohende Debakel zu verhindern.

Angesichts eines drohenden diplomatischen Debakels im zerstrittenen UN-Sicherheitsrat startet Deutschland den möglicherweise letzten Versuch zur Rettung einer Corona-Resolution.

Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen erfuhr, machte Deutschland dem mächtigsten UN-Gremium am Dienstag zusammen mit Estland einen weiteren Kompromissvorschlag, der einen Weg aus der gegenwärtigen Blockade ebnen soll. Estland hat im Mai den Vorsitz im Rat inne.

Ein politischer Machtkampf zwischen den USA und China hatte den Sicherheitsrat in den vergangenen Wochen an den Rand des Scheiterns gebracht. Die beiden Vetomächte hatten sich heftig um die Nennung der Weltgesundheitsorganisation WHO gestritten. US-Präsident Donald Trump wirft der Organisation vor, im Sinne Chinas zu handeln und will sie nicht in dem Text erwähnt sehen - Peking dagegen bestand bis zuletzt darauf. Ein Vorschlag mit einer indirekten Nennung der WHO wurde von den USA zuletzt blockiert.

Der nun von Deutschland vorgeschlagene Text, der der dpa vorliegt, konzentriert sich auf das eigentliche Kernanliegen der Resolution: Die Unterstützung von UN-Generalsekretär António Guterres bei seiner bereits etwa sieben Wochen alten Forderung nach einer weltweiten Waffenruhe in der Pandemie. Auf die WHO wird demnach nicht eingegangen. Es blieb zunächst unklar, ob China den Vorschlag akzeptieren könnte. Falls Peking eine Resolution ohne Nennung der WHO gewähren lassen würde, könnte das als Niederlage gewertet werden.

Ein Diplomat lobte die deutsche Initiative, bremste aber die Erwartungen: noch immer sei die Chance auf einen Erfolg nicht groß, der Versuch sei aber sehr wichtig. Bei einer Beratung des Sicherheitsrates am Dienstag hinter verschlossenen Türen soll der Vorstoß auf Widerstand nicht nur von China, sondern auch von Ratsmitglied Südafrika gestoßen sein. Die USA äußerten sich in der Sitzung demnach nicht.

Deutschlands UN-Botschafter Christoph Heusgen sagte dem ARD-Hörfunk: "Ob das gelingt, müssen wir sehen. Aber wir fanden es einfach wichtig, dass wir das jetzt nicht einfach so im Sande verlaufen lassen." Man sei der Meinung, dass die umstrittene Frage der Nennung der WHO nicht den Kern der Resolution ausmache. Während in den USA der Präsidentschafts-Vorwahlkampf laufe, finde auch bei den Vereinten Nationen "viel Schattenboxen" statt.

Die Zerstrittenheit des mächtigsten UN-Gremiums angesichts der größten Bedrohung der Gegenwart wurde in den vergangenen Tagen von Ratsmitgliedern bereits als "Schande", die Diskussion über das Wort "WHO" als "verrückt" bezeichnet. Die diplomatische Krise spiegelt auch den Streit zwischen der Trump-Regierung und Peking wider. Die beiden Vetomächte nutzen die Bühne Diplomaten zufolge für Machtdemonstrationen statt zur Kooperation.