Ankara. Außenminister Steinmeier ist erstmals seit dem gescheiterten Putschversuch in die Türkei gereist. Dort traf er seinen Amtskollegen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist in Ankara mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu zusammengetroffen. Bei ihrem Treffen lieferten sie sich einen heftigen Schlagabtausch. Steinmeier sah sich mit einer ganzen Reihe von Vorwürfen durch die türkische Regierung konfrontiert.

Deutschland beherberge Tausende Mitglieder der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK und sperre sich gegen die Auslieferung von Anhängern der Gülen-Bewegung an die Türkei, kritisierte Cavusoglu.

Steinmeier wies Vorwürfe zurück

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (l.) und der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu bei einer Pressekonferenz.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (l.) und der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu bei einer Pressekonferenz. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Steinmeier wies die Vorwürfe, Deutschland sei ein sicherer Hafen für Terroristen, entschieden zurück. Er sei irritiert über diese Anschuldigung und könne sie nicht nachvollziehen, sagte Steinmeier bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Cavusoglu. Denn der Türkei sei bekannt, dass Deutschland die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK als terroristische Organisation behandle.

Steinmeier sprach auch die deutschen Sorgen über Massenverhaftungen und Einschränkungen der Meinungsfreiheit in der Türkei an. „Versteht es bitte in der Türkei nicht als Anmaßung, nicht als Belehrung von oben herab“, bat er am Dienstag nach einem Gespräch mit seinem türkischen Amtskollegen.

Erdogan empfängt Steinmeier

Der Bundesaußenminister sagte, er habe bei dem Treffen auch betont, dass Besuche deutscher Abgeordneter bei der Bundeswehr in Incirlik auch weiterhin möglich sein müssten.

Cavusoglu kritisierte außerdem noch einmal die Armenier-Resolution des Bundestages. Gleichzeitig drückte er seine Hoffnung aus, dass die deutsch-türkischen Beziehungen bald wieder „auf dem alten Stand“ sein könnten.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (l.) traf in Ankara auch den türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim (r.).
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (l.) traf in Ankara auch den türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim (r.). © dpa | Florian Gaertner

Kurzfristig erklärten sich am Dienstag auch Ministerpräsident Binali Yildirim und Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bereit, Steinmeier zu empfangen. Zuvor hatte Steinmeier am Morgen in der deutschen Botschaft mit Intellektuellen gesprochen, die sich für Menschenrechte und Pressefreiheit einsetzen.

Erster Türkeibesuch seit September 2015

Es ist Steinmeiers erster Besuch in der Türkei seit dem vereitelten Putschversuch Mitte Juli. Die türkische Regierung hatte der Bundesregierung im Nachgang des Putschversuchs vorgeworfen, sie habe nicht genügend Solidarität gezeigt. Steinmeier war im September 2015 zuletzt in Ankara gewesen.

Menschenrechtler und Oppositionelle werfen der türkischen Regierung vor, sie nutze den Putschversuch und die Terrorbekämpfung als Vorwand, um Kritiker mundtot zu machen und alte Rechnungen zu begleichen. Menschenrechtsorganisationen hatten Steinmeier vor seinem Flug in die Türkei aufgefordert, sich für die Freilassung der beiden Vorsitzenden der pro-kurdischen HDP, Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag, einzusetzen. (dpa/rtr/jei)