Caracas. Venezuela steckt in einer schweren Krise. Regierungsgegner wollen ein rasches Referendum zur Absetzung von Präsident Maduro erzwingen.

Kräftemessen in den Straßen von Caracas: In der venezolanischen Hauptstadt haben mehr als eine Million Menschen für eine zügige Volksabstimmung gegen den sozialistischen Staatschef Nicólas Maduro demonstriert. Bei der „Einnahme von Caracas“ blockierten sie am Donnerstag wichtige Straßen der Hauptstadt. Sie skandierten „Referendum jetzt“ und schwenkten Flaggen.

Präsident Nicolas Maduro konnte Tausende Unterstützer in Caracas versammeln
Präsident Nicolas Maduro konnte Tausende Unterstützer in Caracas versammeln © dpa | Miraflores Press/Handout

„Mehr als eine Million Menschen haben ein Referendum in diesem Jahr gefordert, um Schluss zu machen mit dem Mangel, der Inflation, der Unsicherheit und der politischen Verfolgung“, sagte der oppositionelle Bürgermeister des Hauptstadtbezirks El Hatillo, David Smolansky. Auch zahlreiche Regierungsanhänger gingen auf die Straße, um Maduro zu unterstützen.

Tränengas auf Demonstranten

Größtenteils blieb es friedlich. Vereinzelt kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Das Oppositionsbündnis MUD berichtete, Sicherheitskräfte hätten Tränengas auf Demonstranten gefeuert. Außerdem hätten Regierungsanhänger den Protestzug infiltriert, um zu provozieren und Unruhe zu stiften.

„Tausende Venezolaner gehen für die Freiheit auf die Straße“, sagte die Frau des inhaftierten Oppositionsführers Leopoldo López, Lilian Tintori. Die Bürgermeisterin von San Cristóbal und Ehefrau des inhaftierten Oppositionellen Daniel Ceballos, Patricia Ceballos, sagte: „Die Regierung sät Angst und bereichert sich, während das Volk Hunger leidet.“

Machterhalt trotz Niederlage

Die Wahlbehörde hatte den Termin für die zweite Unterschriftensammlung für den Volksentscheid gegen Maduro zuletzt auf Ende Oktober festgelegt. Der Opposition ist das zu spät, denn damit könnte die Regierung das Referendum bis ins kommende Jahr hinauszögern. Dann würden laut Verfassung die Sozialisten selbst bei einer Niederlage des Präsidenten an der Macht bleiben.

Auch Tausende Regierungsanhänger gingen zur Unterstützung Maduros auf die Straße. „Unsere Partei wird diese Rechten friedlich schlagen, unser Sieg wird der Frieden sein“, sagte Freddy Bernal von der sozialistischen Partei Venezuelas. Die sogenannten Chavisten sehen durch die Proteste der Opposition das Erbe und die sozialen Errungenschaften des gestorbenen Präsidenten Hugo Chávez gefährdet.

Im Vorfeld hatte die Regierung vor Ausschreitungen gewarnt und einige Oppositionelle wegen des Verdachts von Sabotageaktionen festgenommen. Strenge Polizeikontrollen auf den Zufahrtsstraßen nach Caracas erschwerten die Anreise der Demonstranten. Auch in anderen Städten des südamerikanischen Landes kam es zu Protestkundgebungen.

Maduro beschuldigt den Parlamentspräsidenten

Venezolansiche Polizeikräfte während der Proteste in Caracas
Venezolansiche Polizeikräfte während der Proteste in Caracas © REUTERS | CHRISTIAN VERON

Der „rechte Staatsstreich“ sei gescheitert, die Sozialisten hätten das Kräftemessen am Tag der Großdemonstrationen gewonnen, sagte Maduro auf einer Kundgebung. Er warf der Opposition vor, die Bürger zur Gewalt anzustacheln. Der Staatschef beschuldigte den oppositionellen Parlamentspräsidenten Henry Ramos Allup, „Hass, Vergeltung, Faschismus und Gewalt zu fördern“.

Er werde die Immunität der Abgeordneten des von der Opposition kontrollierten Parlaments per Dekret aufheben, kündigte er bei der Kundgebung der Sozialisten am Donnerstag an. „Ich bin entschlossen, das Vaterland und die Souveränität des venezolanischen Volkes mit allen Mitteln zu verteidigen.“

Venezuela leidet unter Wirtschaftskrise

Die Opposition kündigte weitere Demonstrationen an, um ein baldiges Referendum gegen Maduro zu erzwingen. Am 7. September wollen die Regierungsgegner in den Provinzhauptstädten sechs Stunden auf die Straße gehen, am 14. September zwölf Stunden, wie MUD-Chef Jesús Torrealba sagte.

Venezuela ist tief gespalten: Seit dem Sieg der Opposition bei den Parlamentswahlen Ende vergangenen Jahres beharken sich Regierung und Volksversammlung. Zudem leidet das Land seit Monaten unter einer schweren Wirtschafts- und Versorgungskrise. In den Supermärkten fehlt es an Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs. (dpa/epd)