Berlin. Die EU hat ein Rechtsstaatsverfahren gegen Polen eingeleitet. Abwegig, findet Jaroslaw Kaczynski von der polnischen Regierungspartei.

Der Chef der polnischen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, hat das Rechtsstaatsverfahren der EU-Kommission gegen sein Land kritisiert. „Dieses Verfahren bewegt sich völlig außerhalb der EU-Verträge“, sagte der frühere Ministerpräsident der „Bild“-Zeitung. „Das ist nichts als ein fröhliches Schaffen zum Vergnügen der EU-Kommission und ihrer Beamten“, fügte er hinzu. „Es belustigt mich. Denn diese Kritik hat mit dem aktuellen Zustand unseres Landes nichts gemein.“ Selbst die Rechtsberater des Europäischen Rates sähen dieses Verfahren jenseits der Verträge. In den Niederlanden – dem Heimatland des zuständigen EU-Kommissars Frans Timmermans – gebe es nicht einmal ein Verfassungsgericht. Polen wolle lediglich die gleichen Rechte wie alle EU-Länder, sagte Kaczynski.

Die EU-Kommission hatte Polen am Mittwoch eine Frist von drei Monaten für eine weitere Abmilderung der Reformen beim Verfassungsgericht gesetzt. Trotz der Gespräche seit Jahresanfang seien die Hauptaspekte, die das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gefährdeten, nicht aus der Welt geschafft worden, sagte Kommissions-Vizepräsident Timmermans.

Kaczynski wirft Deutschland ein Vormachtstreben in der EU vor

Die Brüsseler Behörde forderte, dass die drei Richter, die von der Vorgängerregierung im Oktober ernannt wurden, ihre Posten antreten müssten. Zudem sollten Urteile veröffentlicht und umgesetzt werden, um sicherzustellen, dass die Entscheidungen des Gerichts nicht von einem anderen Staatsorgan abhängig seien. Die nationalkonservative Regierung in Warschau bezeichnete die Vorwürfe als voreilig.

Kaczynski warf Deutschland indirekt ein Vormachtstreben in der EU vor. Er rief Deutschland zu einem fairen und partnerschaftlichen Umgang mit seinen Nachbarn auf. „Wir wollen das Recht auf Entwicklung in einem fairen Markt und dadurch eines Tages auch Deutschland bei Wohlstand und Wirtschaftskraft einholen“, sagte er. Ganz Europa spreche von einer Führungsrolle Deutschlands innerhalb der EU. Doch anders als etwa die USA nach dem Zweiten Weltkrieg sei Deutschland dieser Rolle einer „sanften Dominanz“ nicht gewachsen, die Überlegenheit der Deutschen „reicht nicht heran an die damalige und gegenwärtige Überlegenheit der Amerikaner“. (rtr/dpa)