Berlin. Ägypten habe „einen beeindruckenden Präsidenten“. Für diese Worte über seinen Gastgeber al-Sisi erntet SPD-Chef Gabriel viel Kritik.
Die beiden hatten sich offenbar prächtig verstanden: „Ich finde, Sie haben einen beeindruckenden Präsidenten“, sagte SPD-Chef und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Sonntag bei einer Pressekonferenz in Kairo über seinen Gastgeber, den ägyptischen Militärmachthaber General Abdel Fattah al-Sisi. Die Reaktionen auf Gabriels Lob ließen nicht lange auf sich warten.
Grünen-Chef Cem Özdemir hat den Vizekanzler scharf kritisiert: „Ich weiß nicht, was Herrn Gabriel beeindruckt hat an Präsident Sisi – ist es die Folter, ist es die Unterdrückung, ist es die Zensur, ist es der Umgang mit deutschen Stiftungen?“, sagte Özdemir am Montag im ARD-„Morgenmagazin.“
Erinnerungen an Schröders „lupenreinen Demokraten“ werden wach
Die Bundesregierung habe ein Problem mit dem Umgang mit autoritären Herrschern, sagte Özdemir. Das sei auch am Verhältnis zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sichtbar. Es brauche keine Unterwerfungsgesten, sondern Kritik. „Ein starkes Ägypten gibt es nur als demokratisches Ägypten“, sagte Özdemir.
Özdemirs grüne Parteikollegin Katrin Göring-Eckardt erinnerte bei Twitter an die Äußerung von Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) vom „lupenreinen Demokraten“ über Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Gabriels Worte seien „befremdlich“:
Ein Twitter-Nutzer reagierte auf Gabriels Äußerung mit einer statistischen Zusammenstellung:
Ein anderer stellte den Zusammenhang her zum derzeitigen Umfrage-Tief der SPD:
Dabei hatte SPD-Chef Gabriel die schlechte Menschenrechtslage in Ägypten durchaus kritisiert. Von der Regierung forderte er etwa, den gewaltsamen Tod eines italienischen Wissenschaftlers aufzuklären. Im Februar war die Leiche des 28-jährigen Giulio Regeni in einem Graben in der Nähe von Kairo gefunden worden. Der Mann war offenbar zu Tode gefoltert worden, der Fall hat politische Spannungen zwischen Ägypten und Italien ausgelöst.
Außerdem verlangte Gabriel Verbesserungen für Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschafter, Presse und ausländische Stiftungen. Kritiker beklagen, dass zehntausende Ägypter aus politischen Gründen in Haft sitzen. (dpa/küp)