Brüssel/Berlin. Griechenland fehlt Personal zur Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei. Die EU will nun Polizisten und Asylsachbearbeiter schicken.

Nach dem EU-Türkei-Gipfel vom vergangenen Freitag herrschte in Europa eitel Sonnenschein. Die meisten Regierungszentralen verbreiteten Optimismus. Kernpunkt des Deals: Alle Flüchtlinge, die illegal auf den griechischen Inseln landen, werden in die Türkei abgeschoben. Für jeden Syrer darunter nehmen die EU-Länder einen registrierten syrischen Migranten aus der Türkei auf. Stichtag dieser Regelung war Sonntag. Ab dem 4. April sollen die Flüchtlinge in die Türkei transportiert werden.

Doch der Teufel steckt im Detail. Die griechische Regierung signalisierte bereits, dass es ihr auf breiter Front an Personal fehle. Das Problem wurde von der EU erkannt. Nach den Schätzungen der Kommission sind für die Operation in der Ägäis rund 4000 Bedienstete notwendig. 1500 sollen aus Griechenland kommen, das in Ausübung seiner Hoheitsrechte die Entscheidungsgewalt behält. Den Rest stellen die EU-Partner. Oder EU-Institutionen wie die Grenzschutzagentur Frontex und das Asylamt Easo. Allein 600 Sachbearbeiter sollen für die Prüfung der Asylanträge abgestellt werden. 60 Berufungsrichter befassen sich mit Widersprüchen gegen die Erstentscheidung. Hinzu kommen 430 Dolmetscher. Für die Rücküberstellung sind 1800 Offizielle vorgesehen, darunter 1500 Polizisten. Die gesamte Mission wird zusätzlich von 1000 Militär- und Polizeikräften abgesichert.

Deutschland und Frankreich sagen jeweils 300 Kräfte zu

Deutschland und Frankreich sagten jeweils 200 Polizeibeamte für das Frontex-Kontingent zu, dazu je 100 Asyl-Fachleute für Easo. Einige Regierungen, etwa die Briten, wollen aber zunächst genauere Anforderungen vorgelegt bekommen. Andere machten schon konkrete Zusagen. Finnland versprach zehn Polizisten, zehn Sachbearbeiter, vier Sicherheitskontrolleure, Zelte und ein Schiff. Angebote und Bedarf sollen jetzt zügig auf einen Nenner gebracht werden. Die Kosten werden allein für die kommenden sechs Monate auf rund 280 Millionen Euro geschätzt.

Sobald die Logistik einigermaßen funktionstüchtig ist und die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen sind, soll der Rücktransport der Flüchtlinge starten. Dafür muss Athen allerdings die Türkei als „sicheres Herkunftsland“ anerkennen. Griechenlands Premier Alexis Tsipras hat das mündlich bereits zugesichert. Die Umsetzung in geschriebenes Recht werde „in wenigen Tagen“ folgen, teilte die EU-Kommission mit.

Die EU bietet maximal 72.000 Plätze für Syrer an

Ein juristischer Fallstrick steckt im EU-Asylrecht. Zwar hat jeder Flüchtling Anrecht auf eine Einzelfallprüfung. Aber Asylanträge sind unzulässig, wenn der Antragsteller schon in der Türkei Schutz genießt oder bekommen könnte. Wie verlässlich der Schutz gewährleistet wird, ist freilich zwischen den Architekten des Türkei-Deals und Menschenrechtsorganisationen umstritten. Zumal die Türkei die Genfer Flüchtlingskonvention nicht in vollem Umfang formal anerkannt hat. Nach Brüsseler Rechtsauffassung ist das aber nicht nötig, solange es eine „gleichwertige“ Verpflichtung gebe. Und davon ist die Kommission überzeugt: „Nur Asylsuchende, die nach den einschlägigen internationalen Standards […] geschützt sind, werden in die Türkei zurückgesandt.“

Für die Aufnahme von syrischen Migranten aus der Türkei bietet die EU derzeit maximal 72.000 Plätze an. Die genaue Verteilung steht jedoch noch nicht fest. Nach dem bisher von der Kommission angesetzten Verteilungsschlüssel würden auf Deutschland knapp 15.000 Menschen entfallen.