Hillary Clinton testet ihre Anti-Donald-Trump-Strategie
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Von Dirk Hautkapp und Michael Backfisch
Washington/Miami. Unter den demokratischen Präsidentschaftskandidaten ist Hillary Clinton fast gesetzt. Ein Grund, sich nun anderweitig zu orientieren.
Donald Trump gegen Hillary Clinton. Der brutale Instinktmensch gegen die erfahrene Mechanikerin der Staatsgeschäfte, die kopfgesteuert durchs Leben schreitet. Seit durch die jüngsten Vorwahlen der Kampf um die Präsidentschaft bei Demokraten und Republikanern in Amerika auf ein Duell zwischen diesen beiden hinausläuft, drängt sich die Frage auf: Wie will Clinton Trump stoppen?
Bisher lässt sich ihr Kampagnenapparat nicht in die Karten schauen. Und Clinton selbst hat ihre Worte über den Außenseiter stets mit Bedacht gewählt. „Wir müssen Amerika nicht wieder großartig machen. Amerika hat nie aufgehört, großartig zu sein. Wir müssen Amerika einen.“ Das war ihr Standardkonter auf Trumps Wahlkampf-Slogan „Let’s make America great again“.
Hillary Clinton will Präsidentin werden
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Je näher Clinton den nötigen 2383 Delegiertenstimmen für die Nominierung kommt (derzeit hat sie 1500), desto mehr erwarten Wahlanalysten, dass sie die Angriffsflächen austestet, die Trump über Monate geboten hat: Ausfälle gegen Latinos, die abgeschoben werden und mit einer Mauer an der Grenze zu Mexiko konfrontiert werden sollen. Ausfälle gegen Muslime, die unter pauschalen Terrorverdacht gestellt werden und nicht mehr in die USA einreisen sollen. Ausfälle gegen Frauen, etwa die TV-Moderatorin Megyn Kelly, die Trump proletenhaft und sexistisch vor laufender Kamera beleidigte. „Trump bringt die Amerikaner permanent gegeneinander auf“, sagte ein Clinton-Berater auch mit Blick auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen bei Trump-Veranstaltungen, „das wird sich Hillary zunutze machen.“
Trump befördert selbst den Abbau von Jobs in den USA
Als verwundbar gilt Trump auch bei seinem Leib-und-Magen-Thema Wirtschaft. Kein Wahlkampfauftritt vergeht, auf dem er nicht über die Verlagerung von US-Jobs nach China oder Mexiko lamentiert – verbunden mit dem Gelübde, sie zurückzuholen. Tatsache ist, dass Trump etliche seiner lizenzierten Produkte, etwa Anzüge und Krawatten, in Billiglohnländern in Fernost fertigen lässt. Trump ließ auch unter seinem Namen eine Universität gründen, an der Studenten intime Geheimnisse aus der Immobilienbranche erfahren sollten. „Alles Hokuspokus“, gaben Opfer zu Protokoll und verlangen Studiengebühren von 40 Millionen Dollar zurück. New Yorks schärfster Staatsanwalt ermittelt.
Clinton wird ihre Trümpfe – Erfahrung, diplomatische Netzwerke, Wissen – auch in die Waagschale werfen, um Trump als außenpolitische Tretmine erscheinen zu lassen. Seine Äußerungen, Terrornetzwerke wie den „Islamischen Staat“ zur „Hölle zu bomben“, Foltermethoden auszuweiten und der Nato entschieden mehr Verantwortung beim globalen Friedenschaffen aufzubürden, spielen Clinton in die Hände. In vielen Hauptstädten der Welt gilt Trump als „Überraschungsei, bei dem nicht mal ansatzweise zu erkennen ist, ob uns die Füllung schmeckt“, sagt ein osteuropäischer Botschafter in Washington.
Clinton muss mehr Emotionen zeigen
„Unter normalen Umständen sollte klar sein, dass Hillary Clinton gegen Donald Trump gewinnt“, sagt der ehemalige US-Botschafter in Berlin, John Kornblum – nicht ohne die Einschränkung, dass in diesem Wahlkampf „alle gültigen Regeln über den Haufen geworfen“ wurden. „Hillary Clinton muss im Wahlkampf gegen Trump mehr Emotionen zeigen“, glaubt Kornblum. „Sie muss klar machen, dass sie auch die Unzufriedenen im Land versteht, zum Beispiel enttäuschte Industriearbeiter“. Die hätten sich hinter Trump geschart. „Die größte Gefahr für Clinton sei Clinton selbst“, sagt Kornblum, „dass sie im falschen Moment das Falsche sagt, dass sie zu künstlich wirkt.“
Diese Promis helfen im US-Wahlkampf
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Vier Monate vor den Parteitagen in Cleveland und Philadelphia haben Trump wie Clinton deutliche Vorsprünge bei den Delegierten. Während sich Clinton fast geräuschlos von ihrem Widersacher Bernie Sanders gelöst hat, ist die republikanische Partei wegen Trump in Agonie. Gesucht wird ein Hebel, um den Unternehmer in letzter Minute auszubooten. Für diesen Fall werde es „Krawalle“ geben, prophezeite der Unternehmer gestern im Fernsehen. „Ich repräsentiere Millionen von Menschen.“ Bei den Republikanern sind neben Trump nur noch der texanische Senator Ted Cruz und Ohios Gouverneur John Kasich politisch am Leben. Letzterer setzt auf einen inszenierten Putsch beim Parteitag, um Trump noch zu stoppen.
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