Washington. Marco Rubio und Ted Cruz wurden im US-Wahlkampf von Donald Trump reichlich beschimpft. Kurz vor dem „Super Tuesday“ schlagen sie zurück.

Am Ende der Schlammschlacht, als alle Patronen verschossen waren, ohne dass Donald Trump erkennbare Verletzungen davon trug, verspürte der Meister der perfiden telegenen Zerstörung noch Lust auf unterste Schublade. Marco Rubio, dozierte der von der eigenen Partei ebenso gefürchtete wie gehasste Favorit auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur kurz vor Mitternacht in Houston/Texas vor laufender CNN-Kamera, habe offensichtlich ein gesundheitliches Problem. „Ich habe noch nie einen jungen Menschen so schwitzen sehen“, sagte der New Yorker Bau-Milliardär, „wir können niemanden im Weißen Haus haben, der schwitzt, wenn wir mit Putin oder China verhandeln.“

Dass Trump sich in der Nachlese zur zehnten TV-Debatte, die gleichzeitig die letzte vor dem Mega-Wahltag am kommenden Dienstag war, gesondert dem 44 Jahre alten Senator aus Florida widmete, liegt auf der Hand. Auf dem Sohn kubanischer Einwanderer liegen sämtliche Hoffnungen des Partei-Establishments, Trump Sieges-Serie bei den Vorwahlen um die Nominierung für das Weiße Haus noch zu stoppen.

Trump laut Umfrage meilenweit vorne

Am 1. März werden rund 600 Delegiertenstimmen für den Parteitag im Sommer vergeben, wo Trump gekrönt werden will. Eine frische Untersuchung des Nachrichtendienstes Bloomberg sagt dem 69-Jährigen einen Erdrutsch-Sieg voraus. Teilweise erreicht der Abstand zwischen Trump und seinen aussichtsreichsten Verfolgern, zu denen noch Rubios Rivale Ted Cruz gehört, 15 Prozent.

Bei dieser Ausgangskonstellation ließen Rubio und Cruz, die Trump über Monate auf der Fernsehbühne devot aus dem Weg gegangen waren, alle Vorsicht fahren. Und taten endlich das, was ihnen Experten seit langem rieten: Sie nahmen Trumps Schwächen und Widersprüche ins Visier. Zwiespältige Bilanz als Geschäftsmann. Ideologische Prinzipienlosigkeit. Politischer Clown ohne Substanz. Die Stichworte sind bekannt.

Rubio treibt Trump Zornesröte ins Gesicht

Rubio eröffnet den Angriff furios. Trump habe auf seinen Hotelbaustellen illegale polnische Arbeiter beschäftigt – wie sich das denn bitteschön vertrage mit der beinharten Haltung des Unternehmers, der an der Grenze zu Mexiko einen Wall gegen die illegale Einwanderung bauen lassen will? „Liegt 38 Jahre zurück“, blafft der in der Mitte stehende Trump den rechts von ihm lauernden Senator an. Und davon abgesehen: „Ich bin der Einzige auf dieser Bühne, der überhaupt Leute eingestellt hat. Du hast noch niemanden eingestellt.“

Republikaner-Debatte in Houston, Texas: Marco Rubio (links) holt zum verbalen Gegenschlag aus, Donald Trump macht ein langes Gesicht.
Republikaner-Debatte in Houston, Texas: Marco Rubio (links) holt zum verbalen Gegenschlag aus, Donald Trump macht ein langes Gesicht. © REUTERS | MIKE STONE

Rubio lässt nicht locker, nennt Trumps angekündigten Handelskrieg gegen China verlogen und lächerlich. Der Grund: Trump lässt die nach ihm lizenzierten Modemarken, Anzüge und Krawatten etwa, in Fernost produzieren. „Mach es doch in Amerika!“, ruft Rubio. Das Publikum johlt, Trump schüttelt abfällig den Kopf. Als Rubio darauf anspielt, dass der Baulöwe mit goldenen Löffeln im Mund geboren wurde, liegt kurz Blei in der Luft. „Wenn Donald nicht 200 Millionen Dollar geerbt hätte, würde er heute in Manhattan Uhren verkaufen“, donnert Rubio. Mit Zornesröte kläfft Trump zurück: „Ich habe aus einer Million zehn Milliarden gemacht. Du weißt kein bisschen über die Geschäftswelt. Du bist ein totaler Verlierer.“

Cruz spricht Trump Linientreue ab

Verunglimpfung und Herablassung bekommt auch Ted Cruz zu spüren. Der Liebling der Evangelikalen, kein Kind von Traurigkeit, liegt im Bewerber-Rennen auf Platz drei liegt und muss nächste Woche unbedingt seinen Heimat-Bundesstaat Texas gewinnen, um weiter wahrgenommen zu werden. Der für seine klirrende Rhetorik und Rücksichtslosigkeit gefürchtete Senator nennt Trump einen ideologisch wechselwarmen Opportunisten, der früher Demokraten wie Bill und Hillary Clinton und anderen liberalen Politikern Geld zugesteckt hat – was erwiesen ist.

Auch von Ted Cruz (rechts) bekam Donald Trump bei der Republikaner-Debatte in Houston einiges zu hören.
Auch von Ted Cruz (rechts) bekam Donald Trump bei der Republikaner-Debatte in Houston einiges zu hören. © REUTERS | MIKE STONE

Dass Trump zudem mit Betrugsklagen von Studenten einer nach ihm benannten Pseudo-Universität zu kämpfen hat, nennt Cruz eine schwere Belastung. „Ein Kandidat, der mitten im Wahlkampf als Zeuge vor Gericht muss“, werde für die Demokraten eine Steilvorlage sein. Schließlich spricht Cruz seinem Kontrahenten bei einer der heikelsten Personalien des Landes Linientreue ab. Tenor: Nach dem Tod des erzkonservativen Verfassungsrichters Antonin Scalia wird ein Präsident Trump gewiss keinen Juristen nachbesetzen, der bei Themen wie Abtreibung oder Waffenrecht die republikanische Fahne hochhält.

Trump pariert die Breitseiten brachial, ohne auf Details einzugehen: „Du bist der größte Lügner, der mir je untergekommen ist. Niemand der Kollegen im Senat kann Dich ausstehen, Du solltest Dich schämen.“

Trump hat mit Abstand die meisten Neuwähler gewonnen

Ob der Last-Minute-Krieg von Houston auf den hohen Anteil unentschlossener Wähler (fast 50 Prozent) Eindruck machen wird, erscheint fraglich. Trumps Entgleisungen gegen Latinos, Frauen, Muslime, das Washingtoner Establishment, kurzum gegen alle, die nicht seine extremen Meinungen teilen, „hätten jeden anderen Kandidaten längst aus der Bahn geworfen“, schrieb bereits vor Weihnachten die Washington Post. Trump dagegen, dessen Sprunghaftigkeit und Temperamentsausbrüche für unabhängige Experten perspektivisch ein „nationales Sicherheitsrisiko“ darstellen, hat das Image als politisch unkorrekter Schmutzbuckel von Umfrage zu Umfrage mehr Prozentpunkte eingebracht. Und zwar quer durch alle sozialen, religiösen und ethnischen Schichten.

Mehr noch: Trump hat mit Abstand die meisten Neuwähler gewonnen. „Wir bauen eine neue republikanische Partei auf“, sagt Trump und ist dabei sehr stolz auf sich, „sehr viele neue Leute machen mit.“ Andere gehen stiften. Robert Kagan, über Jahre Einflüsterer der Neo-Konservativen und Berater von Präsidenten wie George W. Bush, fallen bei Trump nur noch Begriffe wie „Scharlatan“ und „Demagoge“ ein. Geschaffen von einer Partei, die nicht aufgepasst hat. „Er ist ihr Frankenstein-Monster.“