Peking. Die angeblichen Tests einer Wasserstoffbombe von Nordkorea rufen weltweit Empörung hervor. Doch es bestehen Zweifel an der Echtheit.

Für ein Erdbeben war es ein ungewöhnlicher Ausschlag auf dem Seismografen. Normalerweise zeichnet die Nadel bei einem natürlichen Beben mehrere Schwingungen auf. Doch was in dem nordchinesischen Erdbebenzentrum in der zu Nordkorea benachbarten Provinz Jilin am Mittwochmorgen auf dem Bildschirm registriert wurde, war ein einzelner aber heftiger Ausschlag. Sofort dämmerte es den Mitarbeitern: Das war kein Erdbeben, sondern ein Atomtest.

Wenig später bestätigte die nordkoreanische Führung diesen Test. Und für die Weltgemeinschaft noch sehr viel erschreckender: Anders als die vorigen Male hat es sich nach Nordkoreas Angaben nicht nur um eine unterirdische Explosion einer herkömmlichen Atombombe gehandelt, sondern um den Test einer Wasserstoffbombe – die sogenannte H-Bombe.

Auch wenn es sich nur um eine „verkleinerte“ Bombe handele – „mit dem perfekten Erfolg unserer historischen Wasserstoffbombe haben wir den Rang eines fortgeschrittenen Atomstaats erreicht“, verkündete die Nachrichtensprecherin des nordkoreanischen Staatsfernsehens feierlich. Zugleich versicherte sie in der von ihr verlesenen Erklärung, dass die Bombe lediglich Verteidigungszwecken diene, fügte jedoch hinzu: „So lange die USA ihre bösartige Anti-Nordkorea-Politik fortsetzen, so lange werden wir nicht aufhören, unser Atomprogramm weiterzuentwickeln.“

Am Freitag feiert Kim Geburtstag

Sollten Nordkoreas offizielle Angaben stimmen, hätte das Atomwaffenprogramm des Regimes eine völlig neue Dimension erreicht. In den vergangenen zehn Jahren hat Pjöngjang drei Atomtests unternommen, auf die die Staatengemeinschaft stets mit Sanktionen und anderen Strafmaßnahmen antwortete. Nordkoreas Diktator Kim Jong-un hatte im Dezember erstmals erwähnt, dass sein Land über die H-Bombe verfüge. Er wolle sich selbst und seinem Land ein Geschenk machen. Am Freitag feiert er Geburtstag.

Beim ersten Test von 2006 zeigten sich die Waffenexperten in Südkorea, Japan und den USA noch weitgehend unbeeindruckt. Denn die Explosion war noch sehr schwach. Doch schon im Mai 2009 folgte ein Test mit einer sehr viel heftigeren Detonationsstärke. Die dritte unterirdisch gezündete Bombe im Februar 2013 hatte eine Sprengkraft von wahrscheinlich bis zu 40 Kilotonnen TNT, der dreifachen Stärke der Atombombe auf Hiroshima 1945. Die erste 1952 von den USA auf einem Atoll im Pazifik getestete Wasserstoffbombe war allerdings mehr als 700 Mal so stark. Der technische und finanzielle Aufwand der Entwicklung einer solchen Bombe ist immens. Die ersten von den USA getesteten Wasserstoffbomben waren wahre Monster. Sie hätten auf keine Rakete gepasst. Inzwischen sind sie aber deutlich kleiner. Außer den USA ist es bislang nur den Russen und den Chinesen gelungen, eine so gefährliche Bombe zu zünden.

International Zweifel an H-Bomben-Test

Internationale Experten hegen denn auch Zweifel, ob das finanziell völlig ruinierte Nordkorea wirklich ein H-Bomben-Test gelungen ist. Das am Mittwoch künstlich erzeugte Erdbeben hatte nach Angaben chinesischer Geologen eine Stärke von 4,9, US-Wissenschaftler registrierten 5,1. Das ist fast identisch mit den Werten des nordkoreanischen Atomtests von 2013. Sie vermuten eher, dass es sich bei dem Test um eine fusionsverstärkte Atombombe handelt, nicht aber um eine Wasserstoffbombe.

Und auch ein Vertreter der südkoreanischen Regierung äußert den Verdacht, dass Nordkoreas Regime einen Wasserstoffbombentest nur vortäuscht. Er beruft sich auf Geheimdienstquellen. Um was für eine Bombe es sich wirklich handelt, kann aber bei Untersuchungen der Radioaktivität festgestellt werden, heißt es vom südkoreanischen Wetteramt. Das könne Tage dauern.

Das hält die Regierungen von Südkorea, Japan und den USA aber trotzdem nicht davon ab, lautstark gegen Nordkorea zu protestieren. Japans Premierminister Shinzo Abe sprach von einer „ernsthaften Bedrohung“. Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye kündigte bei einem Krisentreffen des Nationalen Sicherheitsrates ihres Landes an, dass Nordkorea einen entsprechenden Preis für seinen Atomtest zu zahlen habe.

Sogar Russland und China kritisieren Test

Und auch Russland und China, offiziell nach wie vor Verbündete des Regimes in Pjöngjang, kritisierten den mutmaßlichen Wasserstoffbombentest für ihre Verhältnisse ungewöhnlich scharf. China sei „entschieden gegen“ das Vorgehen und werde den nordkoreanischen Botschafter in Peking ins Außenministerium einbestellen, kündigte Hua Chunying an, Sprecherin des chinesischen Außenministeriums. Hua forderte Nordkorea auf, die 2009 von Pjöngjang gestoppten Sechs-Nationen-Gespräche zur atomaren Aufrüstung wieder aufzunehmen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verurteilte den Atomtest „auf das Schärfste“ und bestellte den nordkoreanischen Botschafter ein. „Jetzt muss es darum gehen, dass die internationale Gemeinschaft entschlossen auf das Verhalten Nordkoreas reagiert.“

Der UN-Sicherheitsrat rügte den Atomtest einstimmig und kündigte „weitere bedeutende Maßnahmen“ gegen Nordkorea an. Ob dies neue Sanktionen bedeutet, blieb offen.