Jerusalem. Ein Mufti habe Hitler zum Holocaust aufgefordert, sagt Ministerpräsident Netanjahu. Das ruft nicht nur in Deutschland Empörung hervor.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat mit einer Äußerung scharfe Proteste ausgelöst. Er machte den ehemaligen palästinensischen Grußmufti von Jerusalem, Hadsch Amin al-Husseini, mit für den Holocaust verantwortlich. Denn dieser habe Adolf Hitler angestiftet. Hitler habe ursprünglich die Juden nur vertreiben wollen, sagte Netanjahu beim Zionistischen Kongress kurz vor seinem Besuch in Berlin.

Der Mufti Hadsch Amin al-Husseini habe Hitler jedoch bei einer Visite 1941 umgestimmt, indem er eingewandt habe, sollten die Juden vertrieben werden, würden alle nach Palästina kommen. Hitler habe dann gefragt, „Was soll ich mit denen machen?“, worauf der Mufti geantwortet habe: „Verbrenne sie.“ Auch der Mufti habe den Juden damals fälschlich vorgeworfen, sie wollten die Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg zerstören, sagte Netanjahu in Bezug auf den jüngsten Streit mit der Palästinenserführung.

Protest von Historikern und Oppositionellen

Israelische Oppositionspolitiker und Historiker warfen Netanjahu umgehend die Verdrehung historischer Tatsachen vor. Vertreter der Palästinenser kritisierten, der Regierungschef wolle Hitler vom Holocaust freisprechen, um Muslimen die Schuld am Massenmord an sechs Millionen Juden in die Schuhe zu schieben.

„Herr Netanjahu sollte diese humanitäre Tragödie nicht instrumentalisieren, um für seine politischen Ziele zu punkten“, sagte der palästinensische Chef-Unterhändler Saeb Erekat. Kritik kam auch vom israelischen Verteidigungsminister Mosche Yaalon. Husseini habe nicht die sogenannte Endlösung erfunden. „Das war die teuflische Idee von Hitler selbst“, sagte er im Armee-Rundfunk.

Auch der israelische Holocaust-Forscher Professor Jehuda Bauer sagte, Netanjahu habe mit seinen Worten „die Figur Hitlers verkleinert“. Hitler habe sicherlich „keinen Araber aus dem Nahen Osten gebraucht, der ihm sagte, was er zu tun hat“. Al-Husseini habe mit Hitler kollaboriert. „Aber die Idee, dass Hitler von ihm die Inspiration erhielt, ist vollkommen lächerlich“, sagte er dem israelischen Armeesender.

„Hitler von seinen Verbrechen freigesprochen“

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte nach einem Treffen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Ramallah: „Netanjahu hat Hitler von seinen Verbrechen freigesprochen und die Schuld auf Amin al-Husseini abgeschoben. Auf diese Weise will er unser Volk auf eine sehr erbärmliche Weise angreifen.“

Auch der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert reagierte mit Unverständnis auf die Äußerungen. „Ich kann für die Bundesregierung sagen, dass wir Deutsche insgesamt die Entstehungsgeschichte des mörderischen Rassenwahns der Nationalsozialisten, der in den Zivilisationsbruch der Shoah führte, sehr genau kennen“, sagte Seibert am Mittwoch. Er sehe keinen Grund, dass „wir unser Geschichtsbild in irgendeiner Weise ändern. Wir wissen um die ureigene deutsche Verantwortung an diesen Menschheitsverbrechen“.

Mit seinen Erklärungen habe er zeigen wollen, „dass der Vater der palästinensischen Nation schon damals, ohne Staat und ohne sogenannte „Besatzung“, ohne Palästinensergebiete und ohne Siedlungen, mit systematischer Hetze zur Vernichtung der Juden aufrief“, sagte Netanjahu vor seiner Abreise nach Berlin.

Ministerpräsident Netanjahu trifft am Mittwochabend in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen. Thema soll unter anderem der seit Jahren stagnierende Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern sein.