Damaskus/Moskau. Syriens Despot Assad hat seine Macht wieder gefestigt. Jetzt traute sich der Präsident sogar ins Ausland - zu einem Geheimtreffen.

Noch vor einigen Monaten schien es, als sei der Sturz Baschar al-Assads absehbar. Seine Armee war geschwächt und ausgelaugt von vier Jahren Bürgerkrieg. Doch dann kam Kremlchef Wladimir Putin dem syrischen Präsidenten zur Hilfe, schickte Waffen und ließ russische Kampfjets Stellungen der Assad-Gegner bombardieren. Seitdem sind die Regierungstruppen wieder auf dem Vormarsch und melden Geländegewinne. Nun wagte sich Assad sogar wieder zu einem Auslandsbesuch - nach Moskau.

Friedliche Lösung in Syrien nur mit Assad?

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, hat sich Assad am Dienstag überraschend mit Präsident Putin in Moskau getroffen. Dies sei von Regierungsstellen in Moskau bestätigt worden. Es habe sich um einen Arbeitsbesuch gehandelt, um den gemeinsamen Militäreinsatz gegen die Islamisten-Miliz „Islamischer Staat“ zu besprechen, teilte eine Regierungssprecher am Mittwoch mit.

Assads Auslandsbesuch ist bezeichnend. Selbst erbitterte Assad-Gegner im Westen erkennen offenbar an, dass ohne Einbeziehung des Präsidenten eine friedliche Lösung für das seit vier Jahren von einem mörderischen Bürgerkrieg geschüttelte Land nicht machbar sein dürfte. So erklärte jetzt die Türkei, die bisher zu den harten Befürwortern einer schnellen Entmachtung des syrischen Präsidenten zählte, man sei bereit, Assads Verbleib in seinem Amt für eine Übergangszeit von sechs Monaten hinzunehmen.

Regionalmächte Iran und Saudi-Arabien sind verfeindet

Frankreichs Präsident François Hollande erklärte kürzlich, ob Assad am Anfang, in der Mitte oder am Ende eines politischen Übergangsprozesses in Syrien abtrete, spiele keine so große Rolle; wichtig sei, dass Assad keine Zukunft habe. „Die russische Intervention kann das Regime stärken, aber sie wird Baschar nicht retten“, sagte Hollande.

Doch bis zu einem Ende des Krieges in Syrien könnte es trotzdem noch lange dauern. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) etwa sieht derzeit keine großen Chancen für neue Syrien-Friedensgespräche unter Beteiligung der großen Regionalmächte Iran und Saudi-Arabien. Denn beide Staaten sind seit langem verfeindet. Teheran ist zusammen mit Russland wichtigste Schutzmacht von Machthaber Assad. Die Saudis unterstützen ihrerseits verschiedene Rebellengruppen, die Assad stürzen wollen. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es sehr schwer, die tiefen Gräben zwischen Teheran und Riad tatsächlich zu überbrücken“, orakelte Steinmeier bei einem Besuch in Saudi-Arabien.

Assad profitiert von politischer Hängepartie

Ein weiteres Problem ist die politische Eiszeit zwischen den Großmächten USA und Russland. US-Präsident Barack Obama, der seit langem die syrischen Rebellen mit Waffen unterstützt, und der Assad-Verbündete Putin finden keine halbwegs gemeinsame Linie. . „Ich verstehe nicht, wie die amerikanischen Partner die russischen Handlungen im Kampf gegen den Terrorismus in Syrien kritisieren können, wenn sie selbst einen direkten Dialog zu wichtigsten Themen verweigern“, sagte Putin kürzlich. Putin behauptet, die russischen Kampfjets in Syrien würden allein Stellungen der IS-Terroristen angreifen. Zahlreiche Quellen bestätigen allerdings, dass sie auch die moderaten syrischen Assad-Gegner attackieren.

Obama will nicht mit Moskau verhandeln

Washington lehnt deshalb auch amerikanisch-russische Syrien-Verhandlungen mit einer vom russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew geführten Delegation ab. Eine entsprechende Anfrage aus Moskau sei „auf taube Ohren“ gestoßen, sagte Josh Earnest, Sprecher des Weißen Hauses in diesen Tagen. Russland sei in der Syrien-Frage isoliert, lediglich das Assad-Regime und der Iran kooperierten noch mit dem Kreml. „Es ist somit nicht überraschend für mich, dass Präsident Wladimir Putin bereit ist, seinen Premierminister in die USA zu senden, um zu versuchen, uns für seine unilateralen Operationen in Syrien zu gewinnen“, sagte Earnest. „Aber das tun wir nicht.“

Aus dieser politischen Hängepartie zwischen den Großmächte USA und Russland und den Regionalmächten Iran und Saudi-Arabien, in der keiner dem anderen traut und jeder seine eigenen Ziele verfolgt, könnte Assad als Sieger hervorgehen - zumindest fürs erste. Seine überraschende Moskau-Visite, Assads erste Auslandsreise seit langem, zeugt jedenfalls von neuem Selbstbewusstsein.