London. Am Dienstag trifft Xi Jinping zu einem viertägigen Staatsbesuch in London ein. Die Briten hofieren ihn mit allen Ehren. Man erhofft sich Investitionen.

Wenn Xi Jinping am heutigen Dienstag seinen viertägigen Staatsbesuch in Großbritannien beginnt, liegt der schönste aller roten Teppiche aus. Dem chinesischen Staatspräsidenten wird das volle Programm geboten: Tee mit dem Thronfolger, Abnahme der Ehrengarde, Fahrt in der Kutsche zum Buckingham Palast, Staatsbankett, Übernachtung im Schloss der Queen, und auch eine Ansprache vor den Abgeordneten des Unterhauses ist vorgesehen. Die britische Regierung will, wie Premier David Cameron unterstrich, eine „goldene Ära“ in den Wirtschaftsbeziehungen beider Länder einläuten. Xi Jinping hat im Gegenzug die britische Entscheidung gelobt, zum engsten Partner im Westen zu werden: Es sei „eine visionäre und strategische Wahl, die vollkommen im langfristigen britischen Interesse liegt“.

Obwohl das Reich der Mitte im dritten Quartal diesen Jahres das schwächste Wirtschaftswachstum seit 2009 aufweist, bringen die Chinesen viel Geld für Investitionen mit. Eine Studie des „Centre for Economic and Business Research“ geht davon aus, dass die chinesischen Direktinvestitionen in Großbritannien über die nächsten zehn Jahre 105 Milliarden Pfund ausmachen werden. Damit wird der britische Anteil an chinesischen Auslands-investitionen in den Jahren bis 2015 von bisher 3,5 Prozent auf 8,1 Prozent ansteigen.

Es wird erwartet, dass allein in dieser Woche rund 150 Vertragsabschlüsse über Investitionen und Beteiligungen in den verschiedensten Bereichen gezeichnet werden, von Gesundheitsversorgung über Flugzeugbau bis zum Nahverkehr. Die Chinesen können Expertise und Kapital bei Infrastrukturprojekten im Transport-, Kommunikations- oder Energiesektor anbieten, die Großbritannien gut gebrauchen kann, weil man hier chronisch wenig investiert hat.

Während des Besuchs soll auch eine eher umstrittene Beteiligung vertragsreif werden: das chinesische Engagement bei Nuklearreaktoren. Der milliardenschwere Deal würde China ermöglichen, zusammen mit dem französischen Energiekonzern EDF zwei Atomanlagen in Hinkley Point und Sizewell zu bauen. Eine dritte Anlage in Bradwell sollen die Chinesen danach dann alleine bauen dürfen. Dagegen hat sich in Sicherheitskreisen Widerstand geregt. Militärs warnten, dass Chinas Beteiligung an der britischen Atomindustrie eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen könnte. Es wird befürchtet, dass in die Software für die Betreibung von Nuklearanlagen sogenannte Falltüren eingebaut würden, mit denen britische Sicherheitsvorkehrungen umgangen werden könnten.

Weitere Kritik am Staatsbesuch wird sich gegen die Menschenrechtssituation in China richten. Mehrere Demonstrationen sind angemeldet.