Der russische Präsident Wladimir Putin besucht Ungarn

Budapest. Zuerst kam Putins gepanzerte Staatskarosse, in einem gigantischen IL 76MD-Transportflugzeug. Dann folgte am Dienstag der russische Präsident nach Budapest, um Pflöcke einzuschlagen im früheren Ostblock, oder es zumindest zu versuchen. Nur zwei Wochen zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán vorbeigeschaut, und deutsche wie russische Diplomaten verrieten, wie sie die jeweiligen Besuche vorbereiteten: Es gehe weniger um Inhalte als um die Symbolik, dass Ungarn ein guter Partner sei.

Mit anderen Worten: Eine Frontlinie im neuen Ringen zwischen Ost und West verläuft mitten in Europa, in Ungarn, genau da wo die Bruchlinie schon von 1946 bis zur Revolution 1989 verlief. Während Merkel versucht, das Land auf ihrer Seite zu halten, will Putin es auf seine ziehen. Sein Hebel ist die Energie: billiges Gas und Atomkraft für Ungarn. Orbáns politischer Erfolg bei den letzten Wahlen beruhte nicht zuletzt auf seinem Versprechen billiger Energie für die ungarischen Haushalte.

„Der Besuch soll zeigen, dass unsere Beziehungen mit Ungarn sehr gut sind“, sagte ein russischer Diplomat. Gemessen an der Delegation, widmet Putin Ungarn sehr viel mehr Aufmerksamkeit als die Bundeskanzlerin. Die war mit einer eher kleineren Truppe gekommen – und ohne Vorhaben. Putin aber will fünf bilaterale Abkommen unterzeichnen und nahm dafür fünf Minister (Außen-, Energie, Kultur, Gesundheitswesen, dazu der stellvertretende Verteidigungsminister) mit.

Für Ungarn wichtig sind vor allem russische Gaslieferungen. Gazprom-Chef Alexej Miller reiste mit Putin an. Einen unterschriftsreifen neuen Vertrag gab es aber noch nicht. Obwohl der alte in diesem Jahr abläuft, hat Ungarn die darin gekaufte Menge an Gas noch lange nicht verbraucht, so ist die Lage nicht dramatisch. Aber ab 2019 wird Russland gar kein Gas mehr über die Ukraine liefern, und einen anderen Weg gibt es für Ungarn nicht. Die von Moskau lange angestrebte South Stream Pipeline, über die russisches Gas an der Ukraine vorbei gekommen wäre, wurde von Moskau storniert. Offiziell deswegen, weil die EU und die USA durch Druck auf die südosteuropäischen Transitländer das Projekt torpediert hätten. Tatsächlich war besonders der amerikanische Druck enorm.

Ein weiteres zentrales Thema ist die Atomkraft. Als einziges Land im früheren Ostblock hat Ungarn mit den Russen einen Vertrag zur Erneuerung und Ausweitung eines alternden, einst von den Sowjets gebauten Atomkraftwerks geschlossen. „Für uns ist das ein sehr wichtiges Projekt“, heißt es in der russischen Botschaft. Denn wenn es gut gelinge, und die Nachbarländer erkennen, wie vorteilhaft es sich für Ungarn rechnet, „dann werden hoffentlich auch Tschechien und sie Slowakei sich dafür entscheiden, ihre alten Kraftwerke aus sowjetischer Zeit von uns erneuern zu lassen“.