Am Sonntag ab 0 Uhr soll in der Ostukraine nicht mehr gekämpft werden. Am Freitag starben Dutzende Menschen

Kiew. Kurz vor der geplanten Waffenruhe in der Ostukraine tobt um den strategisch wichtigen Bahnknotenpunkt Debalzewo eine Entscheidungsschlacht. Insgesamt starben bei Kämpfen nach dem am Donnerstag verkündeten Friedensabkommen von Minsk mindestens elf Soldaten, 40 wurden verletzt, wie Militärsprecher Andrej Lyssenko sagte. Das unter deutsch-französischer Vermittlung zustande gekommene Abkommen soll am Sonntag um 0 Uhr in Kraft treten.

Das Militär teilte mit, die Rebellen hätten Debalzewo 25-mal mit Granatwerfern und Artilleriefeuer angegriffen. Die Separatisten haben in Debalzewo fast vollständig eine ukrainische Garnison eingekreist, wie es hieß. Nur eine Straße noch verbindet die Stadt mit dem Gebiet, das unter Kontrolle der Regierung steht. Bis auf wenige sind Tausende Zivilisten aus der Gegend geflohen. Debalzewo ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt, der zwischen zwei von Rebellen eroberten Gebieten liegt.

Beide Seiten versuchen vor der geplanten Feuerpause, ihre Positionen zu stärken. Neben der Waffenruhe waren bei der deutsch-französischen Friedensinitiative der Abzug schwerer Waffen von der Front, mehr Selbstverwaltungsrechte für die Rebellengebiete und die Rückerlangung der Kontrolle der Grenze zu Russland für Kiew bis zum Jahresende vereinbart worden. Allerdings blieben Fragen bezüglich der Umsetzung offen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte von einem Hoffnungsschimmer gesprochen.

Die Kämpfe gingen auch andernorts weiter: Nach Angaben der Verwaltung der Rebellenhochburg Donezk kamen vier Zivilisten ums Leben. Die Rebellen teilten mit, bei Artillerieangriffen auf die von ihnen gehaltenen Städte Lugansk und Gorlowka seien sieben Menschen getötet worden. Im Südosten in der Nähe des Asowschen Meeres eroberte die ukrainische Armee eigenen Angaben zufolge einige Dörfer zurück.

Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, Moskau werde nur als Bürge in dem Friedensprozess auftreten, es könne Entwicklungen am Boden nicht beeinflussen, „weil Russland kein Teilnehmer des Konflikts ist“. Kiews Botschafter in Berlin, Andrej Melnik, gab dem Abkommen wenig Chancen. „Nach all den Rückschlägen der letzten Monate und Tage haben wir keine Illusionen mehr“, sagte er im Deutschlandfunk.

Die Feuerpause soll von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa überwacht werden. Generalsekretär Lamberto Zannier sagte in Kiew, er hoffe, dass die Feindseligkeiten zum festgelegten Zeitpunkt enden. Am Montag soll begonnen werden, eine Pufferzone zwischen den verfeindeten Parteien einzurichten. Beide Seiten müssen schwere Waffen von der Front abziehen, sodass die Zone 50 bis 140 Kilometer groß sein wird, je nach Kaliber der Waffen. Der Abzug soll innerhalb von zwei Wochen abgeschlossen sein.

Trotz der Einigung in Minsk will die EU an ihren Sanktionen gegen Russland festhalten. Bereits beschlossene neue Strafmaßnahmen wie Einreiseverbote und Kontosperrungen würden an diesem Montag in Kraft treten, sagte Kanzlerin Merkel. Zudem seien neue Sanktionen nicht ausgeschlossen. „Wir halten uns alle Reaktionsmöglichkeiten offen“, so Merkel. Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour sagte, weitere Druckmittel müssten bereit sein, da die Frage des Waffenstillstands völlig offen sei.