In den USA und China leben die meisten Superreichen. In Russland sinkt ihre Zahl um zehn auf 93

Peking. Die Milliardäre werden in aller Welt immer mehr, doch erstmals werden sie nicht zugleich auch immer reicher. Die neue Rekordzahl von 2089 Dollar-Milliardären in 68 Ländern erfasste der in Shanghai lebende Brite Rupert Hoogewerf zum Stichtag 17. Januar. „Das sind 222 mehr Milliardäre als die 1867 auf meiner Vorjahresliste“, sagte er bei der Vorstellung seiner jährlich herausgegebenen Hurun-Reichenliste 2015 in Peking.

Die dümpelnde Weltkonjunktur sei der Hauptgrund, dass das zusammengerechnete Vermögen der Superreichen erstmals um 1,6 Prozent auf 6,7 Billionen Dollar zurückging, sagte Hoogewerf, und das, obwohl die Zahl der Milliardäre insgesamt zulegte. Arm kann man sie deshalb nicht gerade nennen. Ihr Vermögen entspricht immer noch dem Bruttoinlandsprodukt von Japan und Südkorea zusammen.

Doch wie wechselhaft es mitunter auch unter Milliardären zugeht, zeigen Hoogewerfs Zahlen im Detail: Zwar kamen weit mehr als 300 neue Gesichter im Jahr 2014 auf seiner Liste dazu, während nur 95 Personen herausflogen. Bei 869 Milliardären aber schrumpfte das Vermögen empfindlich, während es nur für 649 stieg.

Die Welt der Superreichen hat heute zwei Heimatländer: USA und China. Sie liefern sich auch 2015 weiter einen Wettlauf, welches Land die meisten Milliardäre hervorbringt. Die USA, für die sich der Aufschwung ihrer Wirtschaft und ihrer Aktienmärkte auszahlen, haben noch die Nase vorn. Die Zahl der von dort kommenden Milliardäre stieg um 56 auf 537 Milliardäre. China robbte sich mit seinem verlangsamten, doch weiter robusten Wachstum und vor allem dank des plötzlichen Anstiegs seiner inländischen Aktienmärkte näher an die Supermacht heran.

Die Zahl chinesischer Vermögensmilliardäre stieg um 73 auf 430. Als Überraschungsdritter setzte sich Indien mit 97 Milliardären erstmals auf Platz drei. Es übersprang Russland und Großbritannien. „China und Indien sind meine Favoriten für die Zukunft. Sie sind weltweit auf ihrem Weg nach oben“, sagte Hoogewerf. Dafür spreche auch, dass unter den 17 reichsten Milliardären, denen es gelang, im vergangenen Jahr ihr Vermögen zu verdoppeln, allein 14 Chinesen sind.

Für Russen dagegen war es „ein schlechtes Jahr“, merkte Hoogewerf trocken an. Sanktionen und der Kollaps des Rubel beutelten die dortigen Milliardäre, die einst Oberwasser hatten. Ihre Zahl fiel um zehn auf 93, und ihr Vermögen schrumpfte um fünf Prozent. „Das würde noch schlimmer aussehen, wenn sie nicht auf ‚schlechtes Wetter‘ vorbereitet gewesen wären.“ Viele von ihnen bringen seit Jahren ihre Reichtümer ins sichere Ausland.

Deutschland behauptete mit 72 Milliardären seinen Platz sechs auf der Liste der Einzelstaaten nach Großbritannien mit 80 Milliardären. Mit Dieter Schwarz, Gründer von Discountketten (Schwarz-Gruppe), kam erstmals ein Deutscher mit einem Vermögen von 36 Milliarden Dollar und 29 Prozent Jahreszuwachs auf Platz zehn unter die Allerreichsten der Welt, stellte Hoogewerf fest.

Bill Gates führt die Liste mit 85 Milliarden Dollar und einem Wertzuwachs seiner Investments um 25 Prozent auf Platz eins an. Er hatte erst 2014 sein Comeback auf den Spitzenplatz vor dem mexikanischen Telekomgiganten Carlos Slim geschafft.

Slim ist ihm mit 38 Prozent Zugewinn und 83 Milliarden Dollar Vermögen auf den Fersen. Der legendäre Warren Buffett gibt sich mit 76 Milliarden Dollar und 19 Prozent Zunahme mit einem Platz drei zufrieden, während Zara-Gründer Amancio Ortega elf Prozent Minus machte und mit 55 Milliarden Dollar auf Platz vier abrutschte.

Die USA sind und bleiben das Land der Superreichen. New York behauptet den Titel, die „Hauptstadt“ für sie zu sein. 2015 bringt sie es auf 91 Milliardäre unter ihren Einwohnern. Moskau verlor dagegen vier Milliardäre in der Krise und kommt mit 73 Krösussen auf Platz zwei. Hongkong rückte mit 71 (plus 22) auf, dicht gefolgt von Peking, in dem heute 68 Milliardäre leben – elf mehr als in der vergangenen Hurun-Liste.

Bei den Chinesen gibt es wie schon gewohnt ein Auf und Ab an der Spitze der Allerreichsten. Das Wunderkind des E-Commerce, Jack Ma von Alibaba, rutschte nach dem jüngsten Einbruch seines Börsenvermögens trotz immer noch 245 Prozent Zuwachs im Jahresvergleich von Platz eins auf Platz drei hinter dem Immobiliengiganten Wang Jianlin von Wanda.

Chinas neue Nummer eins (oder Nummer 28 auf der Weltliste) heißt Li Hejun. Hoogewerf nannte den 48-Jährigen den „neuen Energiekönig“ des Landes, weil er es mit seiner Hanergy Holdings und erneuerbaren Energien auf 26 Milliarden Dollar Vermögen bringt. Li ist in den 16 Jahren, seit es die Hurun-Liste gibt, bereits die zwölfte chinesische Nummer eins in diesem Ranking.

Zusammen stellten US-Amerikaner und Chinesen heute „fast die Hälfte aller Milliardäre auf meiner Liste“, sagte Hoogewerf. Er gestand aber, dass die Dunkelziffer hoch ist. „Für jeden der Milliardäre, die wir aufspürten, haben wir mindestens zwei übersehen.“

Dass die Superreichen nicht immerzu noch reicher werden, gilt allerdings nur für gewöhnliche Milliardäre, schränkte Hoogewerf seine Eingangsthese wieder ein. Für die drei Allerreichsten, Gates, Slim und Buffett, rechnete er aus, dass es anders lief. Die drei Krösusse hätten im vergangenen Jahr ihr Vermögen weiterhin fleißig vermehrt. Zusammen jede Minute um 100.000 Dollar.